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Aktuell Kommentar

Amazon in Hengen? Warum so negativ?

Im Hengener Gewerbegebiet Rübteile II soll der Online-Versandhändler Amazon ein Verteilzentrum bauen. Der Aufschrei um die nichtöffentliche Diskussion im Vorfeld im Dorf ist nicht nachvollziehbar und darüber hinaus ziemlich scheinheilig, findet GEA-Redakteur Andreas Fink.

Mit einem Banner sollte die Diskussion angeregt werden, es wurde von Hengens Ortsvorsteher Gerhard Stooß und Bad Urachs Bürgerme
Mit einem Banner sollte die Diskussion angeregt werden, es wurde von Hengens Ortsvorsteher Gerhard Stooß und Bad Urachs Bürgermeister Elmar Rebmann jedoch schnell wieder abgehängt. Foto: privat
Mit einem Banner sollte die Diskussion angeregt werden, es wurde von Hengens Ortsvorsteher Gerhard Stooß und Bad Urachs Bürgermeister Elmar Rebmann jedoch schnell wieder abgehängt.
Foto: privat

BAD URACH. Man kann sich darüber ärgern, dass im Uracher Rathaus viele Themen erst mal hinter verschlossenen Türen vorberaten werden. Man darf aber nicht beklagen, dass die Frage, wer im Gewerbegebiet Rübteile II auf welchem Grundstück was macht, nichtöffentlich diskutiert wird. Das ist der ureigenste Sinn von nichtöffentlichen Sitzungen: Wenn's um »das berechtigte Interesse Einzelner« geht - konkret: um Geld oder andere persönliche Dinge - darf der Bürgermeister mit dem Gemeinderat nicht öffentlich verhandeln. So steht's in der Gemeindeordnung, die neu gewählten Gemeinderäte werden bei der Verpflichtung auf ihr Amt ausdrücklich auf ihre Verschwiegenheitspflicht hingewiesen.

Grundstücksangelegenheiten werden grundsätzlich erst mal nichtöffentlich beraten - egal, ob Herr Maier oder Frau Müller ein Häusle bauen will. Jetzt hat in Urach wohl ein Herr Bezos angefragt, ob er in Hengener Gewerbegebiet Rübteile II einen etwas größeren Schuppen hochziehen kann. Natürlich nicht Amazon-Chef Jeff Bezos persönlich. Stimmen die Gerüchte aber, dann will der Internet-Gigant tatsächlich in Hengen ein Verteilzentrum bauen.

Warum dieser Aufschrei? Geht's tatsächlich um die Lastwagen und Kleintransporter, die ein Amazon-Verteilzentrum bringen würden? Das haben Gewerbegebiete so an sich. Auch wenn in dem Verteilzentrum nur Waren umgeschlagen werden: Es sind Menschen, die das machen, und nicht nur Roboter. Heißt: In Hengen entstehen neue Arbeitsplätze. Auch wenn der Firmensitz von Amazon in Seattle ist und nicht in Bad Urach, wird der eine oder andere Gewerbesteuer-Euro hier hängen bleiben. Geld, mit dem die Kommune gute Dinge tun kann.

Könnte es ganz vielleicht sein, dass sich manche ein bisschen unbehaglich fühlen, wenn sie »Amazon« hören? Weil jede und jeder weiß, dass der Onlinehandel den Einzelhandel kaputt macht und doch schon im World Wide Web eingekauft hat. Wer unschuldig ist, werfe den ersten Stein!

»Sie müssen nicht zum Amazonas reisen, wenn es Bücher bei Ihnen um die Ecke gibt.« Mit diesem Spruch hat der Diogenes-Verlag für den Einkauf beim lokalen Buchhandel statt beim Online-Giganten Amazon geworben. Die Uracher Buchhändlerin Sabine Hunzinger hat die Papiertüte liebend gern den Menschen gegeben, die den Weg zu ihr gefunden haben. Niemand ist gezwungen, im Internet einzukaufen. Wenn Amazon aber tatsächlich nach Hengen kommt, sollte man die Vorteile sehen, die die Erweiterung des Gewerbegebiets bringt, in dem sich jahrelang nichts bewegte.