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Aktuell Travestie

Wommy Wonders langer Flirt mit dem Publikum

Wommy Wonder im Tübinger Sudhaus

Wommy Wonder alias Michael  Panzer gastierte  im Sudhaus.  Foto: pr
Wommy Wonder alias Michael Panzer gastierte im Sudhaus. Foto: pr
Wommy Wonder alias Michael Panzer gastierte im Sudhaus. Foto: pr

TÜBINGEN. Wer Wommy Wonder 35 Jahre lang verpasst hat, muss sich echt Mühe gegeben haben. Denn die vom Oberschwaben Michael Panzer 1984 geschaffene Travestie-Kunstfigur Wommy ist auf den Bühnen der Region ein Lieblingsgast. So auch im Sudhaus in Tübingen, wo am Samstagabend stundenlang hin und her geflirtet wurde zwischen Parkett und Bühne. Im randvollen Saal freuten sich bei »Reizend!« viele treue Fans an Rückblicken, Ritualen und haufenweise Pointen – bis gegen 23 Uhr und mit sehr, sehr langen Standing Ovations.

Wer hätte das in den 1980ern absehen können, dass die Mischung dermaßen harmoniert: ununterdrückbares Schwäbisch, ein Blick für Ulkiges im Alltag, mäßiges Gesangstalent bei zugleich rührender Begeisterung für Chansons, selbstironischer Umgang mit dem eigenen Körper. Auch nach dreieinhalb Jahrzehnten trägt der Mix. Nicht zuletzt dank Elfriede Schäufele, der Raumpflegerin mit dem schwerkraftverhöhnenden Vorbau unterm Kittelschurz, lästerfreudig wie eh und je. Mit ihrem Perlenketten-Hula-Hoop, den man heute wohl als »Signature Move« bezeichnen muss.

Die Pointendichte war gewohnt hoch, das Niveau eher flexibel. Nicht jeder Uralt-Stammtisch-Schenkelklatscher verdient ein Recycling (»Glücksrad in der Türkei: Ich kaufe ein Ü. Harr harr.«). Aber das 2,42 Meter große Fräulein (gemessen samt High Heels und Beton-, Pardon, Plastikfrisur) im Bling-Bling-Gewand haut zum Glück auch viel echt Originelles raus.

Zumal Stargast und Gäste gemeinsam übers Altern jammern können. »Liebe Mitbürger und Mitbürgeruinen.« »Man braucht fünf Brillen, allein zwei, um die drei anderen wiederzufinden.« »Bis vor sechs Monaten hatte ich einen schlimmen Waschbrettbauch, dann hab’ ich ihn mit Eigenfett unterspritzen lassen. Man will ja nicht mehr aussehen wie jemand, der jeden Samstag bei einem Umzug helfen könnte.«

Männer und Multitasking

Wommy und Elfriede haben zu vielen Themen was zu melden. Bahnfahren. Kreuzfahren. »Wenn’s die katholische Kirche nicht gäbe, was hätten wir heute für eine Hexenplage!« Libido. Geschlechter. »Männer sind ja doch multitaskingfähig: Sie können bis zu sechs Probleme gleichzeitig ignorieren.«

Die genialsten Momente entstehen aber, wenn Wommy kurz ihr Programm verlässt und spontan einen raushaut. Vielleicht wär das ja was zum Vierzigsten: ein Programm ohne Programm. Nur Wommy pur. (GEA)