HERBERTINGEN. Die Heuneburg an der Donau im heutigen Landkreis Sigmaringen hatte in ihrer Blütezeit zwischen 650 und 450 vor Christus eine zentrale Bedeutung für Handel und Kultur der Kelten in Mittel- und Nordeuropa. Mehrere tausend Menschen sollen einst in der Siedlung mit Fürstensitz gelebt haben, deren Gebiet heute eine der wichtigsten Keltenfundstätten in Europa ist. Seit nunmehr fünf Jahren arbeitet das Land Baden-Württemberg daran, dort eine Kelten-Erlebniswelt entstehen zu lassen. Doch die Baukosten klettern nach oben. Und wegen der keltischen Ruinen und Artefakte im Boden muss mit Unterstützung des Landesamts für Denkmalpflege gebaggert werden. Patricia Alberth, Geschäftsführerin der Staatlichen Schlösser und Gärten, sowie die Verantwortlichen des Ravensburger Bauamts zeigen sich trotz Widrigkeiten zuversichtlich, was die Eröffnung der Erlebniswelt angeht.
- Ziel: Tourismus-Hotspot
»Die Fertigstellung der baulichen Maßnahmen wird für das Jahr 2026 angestrebt«, informiert Patricia Alberth auf Anfrage des GEA. Zuständig für die Pflege und den Erhalt von im Moment 62 Monumenten des Landes, ging die Heuneburg inklusive Freilichtmuseum im Frühjahr 2021 in die Trägerschaft der Anstalt über. 60 Hektar, die vormals zur Staatsdomäne Talhof gehörten, sind der Kelten-Erlebniswelt gewidmet. Das Gebiet Keltengruppe rund um die Heuneburg umfasst knapp 100 Hektar. Nach der geplanten Fertigstellung der baulichen Maßnahmen »könnte dann zum Saisonstart 2027 die Eröffnung der Erlebniswelt erfolgen« sagt Alberth. Ist die Heuneburg einmal eröffnet, würden die zu erwartenden 50.000 bis 60.000 Besucher den Landkreis auch touristisch stärken, heißt es vom Land.
- Vorbereitungen für Museumsumbau
Patrick Werne, Architekt und Abteilungsleiter beim Ravensburger Bauamt, kümmert sich von Berufswegen um das Museumsprojekt. Im Sommer 2019 hätten die Vorbereitungen für die Errichtung der Erlebniswelt begonnen, so Werne, wozu vor allem die Verlegung von wichtigen Abwasser- und Trinkwasserleitungen sowie ein Breitbandausbau gehört hätten. Die Verlegung all dieser Trassen für Versorgungsleitungen sei im Mai 2023 abgeschlossen worden, sodass im Juli 2023 die »infrastrukturelle Neuordnung auf dem Talhofgelände selbst« in Angriff genommen werden konnte, so Werne.
- Bauernhof wird Museum
Die beiden bereits vorhandenen Museen »Keltenmuseum Heuneburg« im Ortskern von Herbertingen und das »Freilichtmuseum Keltischer Fürstensitz Heuneburg« werden in der Erlebniswelt zukünftig zusammengeführt. Ein Steg könnte dazu die Staatsdomäne Talhof mit der knapp 200 Meter entfernten historischen Heuneburg verbinden, sollte dieser wie ursprünglich vorgesehen gebaut werden. Doch Alberth verspricht hier nicht zu viel, denn »der Schutz des Bodendenkmals und die Machbarkeit aller Überlegungen müssen geprüft und durchdacht werden«, sagt sie. Weil das Erdreich in einem Umkreis von einigen Hundert Metern um die Heuneburg noch voller keltischer Relikte und Artefakte stecken könnte, unterstützt das Landesamt für Denkmalpflege bei allen unterirdischen Arbeiten mit Sondierungen, wie das Ravensburger Bauamt mitteilt. »Die Wegführung erfährt eine umfassende Überarbeitung«, so Werne. Zudem werden durch die Zusammenführung der Grundstücke von Talhof und Heuneburg die »Inhalte des Freilichtmuseums durch den Flächenzuwachs erheblich erweitert«.
- Gemeinde und Landkreis mit im Boot
Für die Kelten-Erlebniswelt haben im Frühling 2021 das Land, der Kreis Sigmaringen und die Gemeinde Herbertingen eine bis 2044 laufende Verwaltungsvereinbarung unterschrieben. »Der Landkreis Sigmaringen und die Gemeinde Herbertingen werden bis 2044 jeweils rund vier Millionen Euro an Betriebskostenzuschüssen einbringen und zusätzlich jeweils 500.000 Euro als Investitionskostenzuschuss«, heißt es vom Land. Sprich: Der Kreis und die Gemeinde sind mit jeweils insgesamt 4,5 Millionen Euro im Boot, die sie bis spätestens 2044 vertraglich geregelt in die Kelten-Erlebniswelt investieren müssen.
- Gestiegene Kosten
Vier Millionen Euro wurden Anfang 2023 bereits vonseiten des Landes freigegeben. Ursprünglich seien die Bauprojekte an der Heuneburg mit einem Investitionsvolumen von 14 Millionen Euro angesetzt gewesen, informiert Werne. »Wir sind jetzt bei 20 Millionen Euro«, so der Abteilungsleiter des Bauamts. Dass die Kosten seit dem Konzeptionsbeginn gestiegen sind, hänge mit den immer gegenwärtigen Risikofaktoren beim Bau zusammen. Einem Bericht des Südwestrundfunks (SWR: »Ausbau des Freilichtmuseums Heuneburg verzögert sich« vom 13. Mai 2022) widerspricht Werne. Bei der Fortsetzung des Keltenprojekts könne ebenso wie bisher im Rahmen der Planungen gearbeitet werden. »Ich mache mir keine Sorgen«, sagt der Abteilungsleiter zur Kostensteigerung.
- Vorschlag für Unesco-Welterbe
Land und Politik stehen geschlossen hinter der Kelten-Erlebniswelt. »Hier muss es schön sein. Die Kelten waren schon hier«, meinte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) 2020 bei einem Besuch auf der Heuneburg. Und auch auf kommunaler Ebene bekommt die Erlebniswelt viel Zuspruch: »Mit dem Bau der beiden Museen in den 1980er- und 1990er-Jahren kam die Bemühung vieler Ehrenamtlicher unter dem Dach des Heuneburg-Museumsvereins schon vor langer Zeit zum Ausdruck und wird nun mit der aktiven Beteiligung an der Erlebniswelt langfristig fortgesetzt«, sprach sich Herbertingens Bürgermeister Magnus Hoppe öffentlich für das Keltenprojekt aus.
Neben dem Stuttgarter Fernsehturm steht die Heuneburg auf der Liste an deutschen Denkmälern, die zukünftig der Unesco als Weltkulturerbe vorgeschlagen werden sollen. Fest steht für die Heuneburg bisher jedoch nur die Nominierung durch das Land. Welche Stätten bundesweit der Unesco Anfang 2024 als Weltkulturerbe vorgeschlagen werden, entscheidet sich Ende 2023. Passend zu den Plänen, die Heuneburg zum Unesco-Welterbe zu machen, werden im neuen Erlebniswelt-Museum Räumlichkeiten zur wissenschaftlichen Arbeit an der Ausgrabungsstätte gestellt. (GEA)