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Aktuell Rockfest

Von Soul bis Metal: Zehn Bands rocken beim Represent-Festival im Reutlinger franz.K

An Abwechslung war kein Mangel an den beiden Abenden des Represent-Festivals im franz.K. Die jährliche Leistungsschau der regionalen Bandszene bot ein Spektrum von Soul und Pop bis Metal. Und offenbarte eine staunenswerte Qualität.

Zwischen Alternative und Britrock: die Gruppe Belladonna mit Sänger Fionn Mark (links) und Gitarrist Lennart Gemballa.
Zwischen Alternative und Britrock: die Gruppe Belladonna mit Sänger Fionn Mark (links) und Gitarrist Lennart Gemballa. Foto: Armin Knauer
Zwischen Alternative und Britrock: die Gruppe Belladonna mit Sänger Fionn Mark (links) und Gitarrist Lennart Gemballa.
Foto: Armin Knauer

REUTLINGEN. Waren das wirklich alles Amateurbands? Zeitweise konnte man ins Grübeln kommen beim Represent-Festival am Ostersamstag und -sonntag im franz.K. Was sich da bei dieser jährlichen Leistungsschau der regionalen Bandszene auf der Bühne abspielte hatte phasenweise eine Qualität, die sich vor den Profis nicht verstecken musste. Das wiederum in völlig verschiedenen Sparten - nur Hip-Hop war nicht vertreten.

Am Ostersamstag hatten Fries, TFNRSH (sprich: Tiefenrausch), Pinghost, Glad We Met und The Worm Reducer den franz.K-Saal gerockt. Rund 400 Gäste hatten eine ansehnliche Kulisse für den durchweg männerdominierten Rock-Reigen gebildet.

Auftritte bis nach Mitternacht

Etwa ebensoviele Rockfans versammeln sich am Sonntag. Die Zahl der Bands pro Abend hat man von sechs auf fünf gesenkt, um den Gruppen mehr Auftrittszeit zu gönnen. Was vor allem die Jungs von Belladonna weidlich ausnützen und ihr Gastspiel auf fast eine Stunde ausdehnen. Sodass ihre Tübinger Kollegen von Yeast Machine erst weit nach Mitternacht auf die Bühne können. Immerhin etwa 200 Gäste halten durch bis zum Schlusston, dem noch eine Party mit den DJs Mark-Ski und Yama Pancho folgt.

Soulige Powerstimme: Marie Ettlen macht den Opener am zweiten Abend.
Soulige Powerstimme: Marie Ettlen macht den Opener am zweiten Abend. Foto: Armin Knauer
Soulige Powerstimme: Marie Ettlen macht den Opener am zweiten Abend.
Foto: Armin Knauer

Mit folkigem Soulpop gleitet man am Sonntag in die Sache hinein. Marie Ettlen, seit Anbeginn Moderatorin des Festivals, steht zum ersten Mal als Sängerin auf der Bühne, an der akustischen Gitarre begleitet von Tristan Cech. Zusammen sind sie Billy & Miss Daisy - benannt nach zwei Songs von Bad Liver, deren Songs sie anfangs vor allem coverten. Ettlen offenbart eine soulige Powerstimme, die an das Organ von Amy Winehouse erinnert. In den inzwischen meist selbst komponierten Songs, irgendwo zwischen Amy Macdonald und Bob Dylan angesiedelt, entfalten die beiden einen beachtlichen Sog. Fast hätte man der zierlichen Sängerin mit der machtvollen Stimme eine ganze Band an die Seite gewünscht.

Quirliger Deutschpop mit witzigen Texten

Gleich darauf bietet Rosa Stecher quirligen Deutschpop mit gewitzten Texten. Eine sprudelnde Mixtur, die zum Tanzen animiert, was auch an Drummer Scott Worby und Bassist Dave E. Rämm liegt. Die Band habe sich von »Rosa Rauschen« in »Rosa von Rauschen« umbenannt, verkündet die Sängerin - das Stichwort »Rosa Rauschen« führe bei der Internetsuche zu Babyartikeln, hat sie festgestellt. Davon abgesehen, dass die Sängerin etwas zu schwach abgemischt ist, legt das Trio einen furiosen Auftritt hin. Und das Publikum darf in der Zugabe den heulenden Kojoten geben.

Quirliger Pop mit gewitzten Texten: Rosa Stecher von der Gruppe Rosa von Rauschen.
Quirliger Pop mit gewitzten Texten: Rosa Stecher von der Gruppe Rosa von Rauschen. Foto: Armin Knauer
Quirliger Pop mit gewitzten Texten: Rosa Stecher von der Gruppe Rosa von Rauschen.
Foto: Armin Knauer

Die Stimmungskanonen im Feld sind die Punkrocker von Bad Liver. Die Truppe um Represent-Organisator Florian Failenschmid, die schon seit 2010 existiert, hat coronabedingt lange pausiert und feiert nun Comeback. Die Lust, wieder auf der Bühne zu stehen, sprüht nur so aus dem Quartett. Sänger Failenschmid schmettert mit rauer Stimme Punk-Hymnen und Seemanns-Kracher, seine Kollegen an Gitarre (Max Ernst), Bass (Tristan Cech) und Drums (Matthias Kimmerle) machen Dampf und grölen die Refrains mit. Da muss der Saal nicht erst zum Pogen aufgefordert werden.

Kunstvolle Britrock-Anleihen

Nach diesem sympathisch-krachigen Mitsing-Auftritt wird es kunstvoll-exzentrisch mit Belladonna aus Tübingen. Was die vier noch recht jungen Männer bieten, ist erfrischend experimentell, dabei voll grunge-artiger Rotzigkeit. Lennart Gemballa schickt an der E-Gitarre traumartige Sphärenklänge in den Raum, doch urplötzlich kippt das Ganze in wütend bellende Vocals von Fionn Mark, vorangepeitscht von Schlagzeuger Vincent Henschel und Bassist Sebastian Weimar. Britrock-Anleihen spielen da unverkennbar hinein, aber letztlich ist man bei Belladonna vor nichts sicher: Ständig zuckt die Musik in neue Richtungen, teils gekrönt von virtuosen Soli.

Schneidende Vocals im dunklen franz.K: Sänger Benjamin Frenzel von Yeast Machine.
Schneidende Vocals im dunklen franz.K: Sänger Benjamin Frenzel von Yeast Machine. Foto: Armin Knauer
Schneidende Vocals im dunklen franz.K: Sänger Benjamin Frenzel von Yeast Machine.
Foto: Armin Knauer

Das ist an Ausgebufftheit kaum zu toppen - doch was Yeast Machine da nach Mitternacht auf die Bühne zaubern, ist eine episch durchinszenierte Rockshow von enormer Schlüssigkeit. Das fängt an beim Intro mit einer mystischen Synthie-Klangfläche bis hin zum dunkel polternden Stonerrock, der sich daraus entfaltet, durchschnitten von den scharfen Vocals Benjamin Frenzels. Hier passt alles zusammen: die Power, die archaische Grundstimmung, das Rhythmusgerüst von Drummer Jonas Bischof und Bassist Marcel Gundlach, die kompakte Gitarrenarbeit von Tobias und Fabian Köninger. Dazu eine ausgefuchste Klangführung, die das Geschehen mal provozierend verlangsamt, dann wieder unbarmherzig voranjagt, mal in dunkles Stampfen einbiegt und urplötzlich in ein nervöses Dreiermetrum schwenkt. Solch eine Qualität ist eigentlich für weit größere Festivals prädestiniert. Den Tübingern bleibt zu wünschen, dass sie es bis dorthin schaffen. (GEA)