Logo
Aktuell Kultur

Unachtsam verteilte Zaubertropfen

TÜBINGEN. Das LTT startet in ein mit drei Premieren prall gefülltes Eröffnungswochenende. Los geht’s morgen um 20 Uhr im Großen Saal mit Shakespeares berühmtem »Sommernachtstraum«. Am Samstag geht in der Werkstatt Aleksandr Vampilovs Gesellschaftskomödie »Am Stadtrand« auf die Bühne. Am Sonntag, 20 Uhr, schließt der Premierenreigen auf der Bühne LTT-oben mit A.L. Kennedys Stück »Paradies«.

Shakespeares »Ein Sommernachtstraum« entführt die Zuschauer unter der Regie von Intendantin Simone Sterr in die surreale Zauberwelt des Athener Walds, in dem die Liebesangelegenheiten verschiedenster Menschen und Zauberwesen im Dunkel einer fast mondlosen Nacht völlig aus dem Ruder laufen.

Ein ganz spezieller Saft

Nach einem Streit mit der Elfenherrscherin Titania schickt der Elfenkönig Oberon aus Rache seinen Diener Puck los, einen ganz speziellen Zaubersaft zu besorgen, der bewirken soll, dass Titania sich beim Erwachen ins nächst beste Geschöpf verliebt. Ein Trupp Handwerker, der sich zufälligerweise im Wald eingefunden hat, um für die Hochzeit ihres Herzogs ein Theaterstück einzustudieren, kommt Puck gerade recht. Nach einer »tierischen« Verwandlung wird einer der Handwerker zum Liebesspielball der Elfenkönigin.

In nachhaltigen Schrecken werden vier junge Leute aus Athen versetzt: Hermia, Helena, Lysander und Demetrius geraten zufälligerweise ins Kreuzfeuer des Elfenstreits, denn Puck verteilt Oberons Zaubermittel recht unachtsam und weckt in den jungen Männern die hemmungslose Begierde ausgerechnet für die jeweils Falsche, die sich solch plötzlichen Sinneswandel nicht erklären kann. Die vier fehlgeleiteten Liebenden geraten in existenziellen Aufruhr und die Verwicklungen nehmen ihren Lauf.

Mit Musik von Jojo Büld

Simone Sterr lotet in Shakespeares schillernder Komödie die Waagschalen blinder Liebeslust und berechnender Macht, euphorischer Anarchie und zivilisatorischer Ratio aus, wobei die Athener Hofwelt ebenso von dieser Ambivalenz betroffen ist wie die nächtlich spukhafte Waldszenerie. Die Bühnenbildnerin Marion Eisele, die in regelmäßigen Abständen am LTT zu Gast ist - zuletzt schuf sie den Westernsaloon in »Vier Frauen für ein Halleluja« und das knallbunte Jugendzimmer der Brautschwester in »Fünf im gleichen Kleid« - schafft gemeinsam mit Mascha Schubert, die für die Kostüme verantwortlich zeichnet, die faszinierend-abgründigen Tag- und Nachtwelten in »Ein Sommernachtstraum«.

Musikalisch wird Simone Sterr unterstützt von Jojo Büld, der bereits in der vergangenen Spielzeit am LTT die Songs für »Fünf im gleichen Kleid« komponierte. Der gebürtige Berliner entwickelt seine Komposition diesmal direkt aus den Versen Shakespeares, und so lag es nahe, dass die Band - »Charlotte Brandi et les enfants d’elysium« mit Charlotte Brandi an den Tasten, Matze Prölloch am Schlagwerk und Joel Siepmann am Cello - die Welt der Elfen vertritt.

Puck wird von einem neuen LTT-Mitglied gespielt: Patrick Schnicke ist seit dieser Spielzeit fest engagiert. Neu am LTT ist auch Nadia Migdal, als Hermia zu sehen, Julienne Pfeil als Helena und Britta Hübel als Titania. Zu Gast ist Oberon Benjamin Kradolfer Roth und Handwerkerlöwe Michael Kientzle. Er unterstützt das Sommernachtstraum-Handwerkerteam, bestehend aus Karlheinz Schmitt, Silvia Pfändner, Hildegard Maier und Bernhard Klasing. Johannes Schön und Raffaele Bonazza sind als Lysander und Demetrius zu sehen. (eg)