REUTLINGEN. Jeder Einzelne ist wichtig. Das haben wir gelernt am Sonntagnachmittag beim Konzertcheck mit Tobias Krell alias »Checker Tobi«. Gemeinsam mit der Württembergischen Philharmonie Reutlingen (WPR) und Dirigent Hermes Helfricht ließ Tobi die komplett ausverkaufte Reutlinger Stadthalle immer wieder in fröhliches Kinderlachen und Kinderjubel ausbrechen. Dass die Euphorie auch mal versehentlich zu verfrühtem Klatschen führte – beim 4. Satz aus Haydns Sinfonie »Der Bär« gar drei oder vier Mal zu früh – war der ausgelassenen Atmosphäre angemessen.
»Einer für alle, alle für einen« nannte Tobi das Leitprinzip eines guten Orchesters. Gemeinsam aufeinander zu hören ist obligatorisch. Dass Tobi dies einem Test unterzogen hat, mitsamt Gehörschutzkopfhörern für die Musiker, war seiner und der Kinder Experimentierfreude geschuldet. Und ging selbstverständlich gründlich schief. Wer kann schon gemeinsam musizieren, ohne den anderen zu hören!
Und jeder Einzelne möchte gehört werden, auch jemand, der üblicherweise mehr im Hintergrund steht wie die Tuba. Da Jernej Oberzan als Tubist häufig über sehr vielen Pausen verweilen muss, wurde er zwar aus dem Kopfsatz einer Streicherserenade von Dvo rˇák herauskomplimentiert, durfte jedoch hernach mit Klavierbegleitung den Elefanten aus Saint-Saëns’ »Karneval der Tiere« imitieren: herrlich klangvoll und trampelig – ein Kontrabass könnte es nicht besser.
Stimmführer als »Klassensprecher«
Der »Schulsprecher« des Orchesters, Konzertmeister Fabian Wettstein, erging sich in anschaulichen Vergleichen. Er ernannte die jeweiligen Stimmführer zu Klassensprechern und charakterisierte Helfricht als Ampel: Dessen Reglosigkeit gelte als rot, sein Einsatz sei dann aber das grüne Startzeichen.
Wenn Helfricht »grün« signalisierte, dann gab es kein gemächliches Über-die-Straße-Schlendern, sondern ein jugendlich frisches und aktives Ausschreiten. Seine plastische und gestenreiche Dirigierweise war natürlich auch den ausgewählten Werken zu verdanken. Der Ausschnitt aus Wagners »Lohengrin«, ein Marsch von Prokofjew, Filmmusik aus »The Beauty and the Beast« oder Westernmusik aus »Die glorreichen Sieben« waren keine träumerisch-ruhige Musik, sondern etwas zum Kinderaugenaufreißen und Staunen über so viel Klangmasse und Klangvielfalt. Mit welch neckischem Zwinkern und Entdeckergeist die WPR sich auf die Lustigkeit und den Übermut Tobis und die Fröhlichkeit der Kinder einließ, sei anerkennend hervorgehoben.
Der Moderator lernt dirigieren
Ein kleiner Kurs im Dirigieren führte zu einem lustigen Gehversuch Tobis, welcher durch ein Übermaß an Gestikulation ein großer Lacher war, der jedoch die unerschütterliche Art der sechsjährigen Anna aus dem Publikum beim Dirigieren nicht zu toppen vermochte.
Noch eines durfte man lernen: Wie erklärt man den Begriff »Tonika« kindgerecht? Indem man zeigt, wie unaufgeräumt andere Schlüsse klingen können. Helferichts Bild von der Tonika-Sonne mit Gravitationskraft fügte sich hier gut ein.
Ohne es zu merken, hat man so einiges gelernt, spielerisch und ohne schulischen Ernst – ganz so, wie Checker Tobi das auch in seiner Sendung stets tut. (GEA)