PFULLINGEN. Thommie Bayer ist vielen als Liedermacher, Künstler, Drehbuchschreiber oder Bestseller-Autor bekannt. In der Pfullinger Stadtbücherei stellte er sein wenige Tage altes Buch »Einer fehlt« (Piper-Verlag) vor. Es ist die Premierenlesung und er ist aufgeregt, nervös, aber auch glücklich - wie jedes Mal, wenn ein neues Buch von ihm erscheint. Seit 40 Jahren bringt er alle eineinhalb Jahre einen Band heraus.
In »Einer fehlt« geht es um eine langjährige Männerfreundschaft. Paul, Georg und Schubert sind kurz vor 70 und seit der Schul- beziehungsweise Studienzeit miteinander befreundet. Thommie Bayer ist im letzten Jahr ebenfalls 70 geworden. Das Alter beschäftigt ihn. Es sei komisch. Mit 70 sei man ernsthaft alt, meinte er vor Kurzem in einem Interview. Man wisse nicht, ob es noch zwei Monate oder zwei Jahre gehe. 20 Jahre eher weniger. Es gebe also mehr Vergangenheit als Zukunft.
Erlebtes eingeschmuggelt
Das, was er selbst erlebt hat oder ihn bewegt, verarbeitet er in seinen Geschichten. Manches ist Fiktion, manches schmuggelt sich einfach so hinein. Thommie Bayers Leben haben drei Leidenschaften geprägt, denen er zeitweise auch beruflich nachgegangen ist: Musik, Kunst und Schreiben. Jeder seiner Hauptprotagonisten hat eine dieser Berufungen mitbekommen. Georg ist der erfolgreiche Künstler, Schubert der international bekannte Musiker und Paul ist Lektor.
Mit Paul identifiziert sich der Autor am stärksten. Beide verbindet die Liebe zu Worten und zu Italien. Während Paul seiner großen Liebe Carolin hinterhertrauert, hat Thommie Bayer seine große Liebe gefunden und lebt mir ihr und zwei Katzen in der Nähe von Freiburg. Und natürlich ist er – im Vergleich zu Paul – einer der prominentesten Autoren Deutschlands. Paul hat als Lektor seine Träume in den Worten anderer gelebt. Aber wie Paul machte der Autor erst spät, mit 31 Jahren, seinen Führerschein. Beide einer Frau zuliebe.
Figuren als Weggenossen
Ganz fremd dürften ihm seine Figuren nicht sein, erklärt der Autor bei der Lesung, sonst wolle er kein Jahr mit ihnen verbringen. Das Thema Männerfreundschaft zieht sich deshalb durch seine Bücher.
Die beiden 15-jährigen Paul und Georg lernen sich im Internat kennen. Georg kümmert sich um den streunenden Kater Darius und Paul hilft ihm dabei. Als Darius von einem Jäger erschossen wird, rächt sich Georg. Paul deckt ihn. Nach der Schule studieren sie in München, Paul Germanistik und Georg Kunst. In den Semesterferien wollen sie nach Rom zu einem Konzert in die Villa Borghese. Unterwegs nehmen sie den Tramper Schubert mit. Schubert heißt eigentlich nicht Schubert, wird aber so genannt, weil er ein guter Musiker ist und Musik studiert.
Bruch durch eine Frau
In Rückblenden erfährt der Leser mehr über die ungewöhnliche Freundschaft der drei Männer. Aber auch über den Bruch durch ihre Liebe zu Carolin. Diese ist zuerst mit Paul, dann mit Georg zusammen - und heiratet schließlich Schubert. Aber es ist auch Carolin, die die drei wieder versöhnt.
Georg ist der »Eine, der fehlt«. Nach dem Tod seiner Frau ist er spurlos verschwunden. Die beiden Freunde Paul und Schubert machen sich auf die Suche nach ihm. Sie fahren von Wien nach Italien und zurück. Ob sie ihren Freund dabei wiederfinden, soll hier nicht verraten werden.
Federleichte Worte
Federleicht sind die Worte, mit denen Bayer das Geschehen beschreibt. Sie regen zum Nachdenken an und bieten zwischen den Zeilen viel Spielraum für die eigenen Gedanken. Man hüpft in die Geschichte und ist gefangenen genommen: von dieser besonderen Freundschaft der drei Männer - und von ihrer Liebe zu einer Frau. (GEA)