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Tübinger Studentin veröffentlicht ihren ersten Mystery-Thriller

Bei Michelle M. Weber ist die Universität Tübingen ein Ort, an dem Dämonen und Vampire ihr Unwesen treiben

M. M. Weber: Die Physik des Todes. 412 Seiten, 16,99 Euro, Verlag Sissis Autorenlounge, Bechtheim.
M. M. Weber: Die Physik des Todes. 412 Seiten, 16,99 Euro, Verlag Sissis Autorenlounge, Bechtheim. Foto: Pr Public Relations
M. M. Weber: Die Physik des Todes. 412 Seiten, 16,99 Euro, Verlag Sissis Autorenlounge, Bechtheim.
Foto: Pr Public Relations

TÜBINGEN. Wer je näher mit der Tübinger Uni-Szene zu tun hatte, kennt die Bilder: Massen von Studierenden, die in der Prüfungs-Hochphase ausgelaugt herumhängen oder in der Bibliothek über ihren Laptops einschlummern. Scheint es nicht so, als habe ihnen ein Dämon ihre Lebensenergie abgesaugt?

Michelle M. Weber hat dieses Szenario völlig wörtlich genommen. In ihrem Debütroman gibt es an der Tübinger Uni nicht nur besagten Energie-Dämon, es gibt auch Vampire. Überhaupt lässt sich so manchem Forschungsantrag mit Schwarzer Magie auf die Sprünge helfen.

Letztlich ist es die Parodie des naturwissenschaftlichen Forschungsbetriebs in Form eines Mystery-Thrillers. Die Autorin kennt den Betrieb von innen – am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie auf der Morgenstelle hat sie von 2015 bis 2019 ihren Doktor gemacht. Ihre Heldin Sonja Wäckerle ist von daher wohl auch ein bisschen ihr Alter Ego: schwäbisch-ehrgeizige Masterstudentin, die mit Fleiß und Ausdauer Karriere machen will statt mit Tricks und Großspurigkeit. Das Problem: Ob ihre Professorin Yolanda oder ihr Kollege Bastian – alle lassen die strebsame Sonja auflaufen.

Gruselgenre trifft Unibetrieb

Nur ihrer neuen WG-Mitbewohnerin zuliebe, der Inderin Priti, begleitet sie diese zu einer Party bei einer Studentenverbindung. Auf dem Heimweg passiert es: Mit ungewohnt viel Alkohol im Kopf läuft Sonja vor ein Auto. Eigentlich müsste sie tot sein. Doch am nächsten Tag ist sie putzmunter. Nur verträgt sie keine Sonnenstrahlen mehr. Und ihr Geruchs- und Hörempfinden ist enorm verstärkt. Mit wissenschaftlicher Genauigkeit analysiert Sonja die Veränderungen. Und kommt zum Schluss: »Ich bin ein Vampir!«

Wie Sonja versucht, auch als Vampir ihre wissenschaftliche Karriere weiter voranzutreiben, und wie sie dabei alle Hindernisse mit ihrem wissenschaftlich-nüchternen Verstand umschifft, ist von herrlich absurdem Humor. Wobei die Komik vor allem daraus resultiert, dass das Schauermärchen-Genre der Vampirromantik hier mit der hyperrationalistischen Eigenlogik des Wissenschaftsbetriebs kollidiert. Was neben mehreren ausgesaugten Leichen auch für slapstickartig skurrile Szenen sorgt. Etwa wenn Sonja zwecks Sonnenabschirmung mit Regenschutz-Vollverkleidung im Hirschauer Baggersee baden geht.

Frustrierte Streberstudentin

Gleichzeitig ist der Einbruch der Schauersphäre in den Wissenschaftsbetrieb ein probates Mittel, um zu entlarven, dass es auch dort nicht immer mit rechten Dingen zugeht. Auch im Wissenschaftsmilieu hängt vieles von Beziehungen, Glück, Verhandlungspoker und dem einen oder anderen dreisten Bluff ab.

Die Autorin lässt das mit sichtlichem Vergnügen in ihre Geschichte einfließen. Die erzählt sie so authentisch und auf den Punkt aus der Ich-Perspektive der frustrierten Streberstudentin, dass man als Leser förmlich eins wird mit der Vampirin wider Willen.

Dann ist da noch die Sache mit den ausgelaugten Studierenden. Die landen reihenweise auf der Couch von Sonjas WG-Genossin Priti, die gerade ihren Doktor in Psychologie macht. Wer, wenn nicht eine Vampir-Studentin könnte es mit dem Dämon aufnehmen, der ihnen die Energie aussaugt? Wäre da bloß nicht ihre Master-Betreuerin, die sie mit Weihwasser attackiert. Sollte die womöglich selbst Verbindungen zur dunklen Sphäre haben? Für Spannung ist gesorgt. (akr)