TÜBINGEN. Nun also hat er in Tübingen Stellung bezogen. Herr Hämmerle, ein berühmter, vielschichtiger Schwabe, ist ja eigentlich zuhause in Bempflingen, weit hinter Reutlingen noch, von der Universitätsstadt mehr als 20 Kilometer entfernt. Um die Welt ist er längst gereist, auch in Venedig war er schon, viele Erinnerungen und Andenken hat er dabei gesammelt. Herr Hämmerle ist ein Mann, der mit der Zeit geht, sich mitteilen, seinen Mitmenschen nahe sein möchte, und hat deshalb einen Kommunikationsstandort eröffnet, einen analogen Chatroom, in der Belthlestraße Tübingen.
Zugleich ist dieser Ort ein kleines Museum, gewährt Einblick in Hämmerles Kosmos und erprobt neue Formate. Das kleine Ladengeschäft, in dem Hämmerle sich eingerichtet hat, ist voll der Dinge, die diese Figur definieren – und die sie weiter entwickeln. Hämmerles Erinnerungen, die Anekdoten eines Schwabenlebens füllen den Raum, füllen die Regale.
Eher Aufbruch als Rückblick
Bernd Kohlhepp, der die Figur des Hämmerle erfand und der sie verkörpert, legt großen Wert darauf, dass dieser Hämmerle viril und aufgeschlossen bleibt. Er selbst will kein Künstler sein, der sich zurückzieht, mit seinen Requisiten umgibt, und von vergangenen Zeiten träumt. »Diese Gefahr besteht natürlich«, sagt er. »Das habe ich erst gemerkt, als ich die Räume eingerichtet habe.« Das Hämmerle-Kabinett – so heißt der Laden – soll aber nicht zuvorderst ein Museum sein; nicht die Rückschau soll bestimmen. »Es ist eher ein Laboratorium«, sagt Kohlhepp.
»Fragen Sie Herrn Hämmerle«: Der Gute aus Bempflingen hatte längst schon seinen Auftritt als Podcast, und auch auf Youtube ist Bernd Kohlhepp eifrig bei der Sache. Hämmerle ist aufgeschlossen, medienaffin, taucht ein in die Welt der Wissenschaft und Kunst. Er beschäftigte sich kabarettistisch sogar mit der berühmten Katze des Physikers Erwin Schrödinger in dessen Gleichnis zur Quantenphysik, gab in diesem Sinne auch ein Gastspiel an der Universität Tübingen.
Hämmerle erklärt die Kunst
Und er zog nach Ravensburg, besuchte dort das Museum, erklärte der Welt die Kunst, interpretierte George Grosz und Kandinsky, ließ sich zu ungeheuren Einfällen inspirieren. »Hämmerle«, erklärt Bernd Kohlhepp augenzwinkernd, »versucht mit seinen eigenen Mitteln an die Kunst heranzukommen. Dabei entsteht eine unglaubliche Komik.« Und da keine Interpretation eine von Grund auf falsche Interpretation ist, Hämmerles guter Freund Kohlhepp außerdem einmal Kunstgeschichte studierte, ist diese Komik unbedingt auch ernstzunehmen.
Hämmerle also ist ein Unermüdlicher, war es schon immer. Er hat den Schwingschleifer weggelegt, die Kutterschaufel im Leopardenlook in eine Ecke seines Kabinetts gestellt, veröffentlicht die Kinderbücher wieder, die er im Laufe der Jahre geschrieben hat, beschäftigt sich mit Quellcodes, füllt Datensticks mit seinen Ideen.
Etappen einer Bühnenfigur
Hämmerles Geschichte wird im Kabinett natürlich doch erzählt – mit vielen Erinnerungsstücken, mit Bildern, die weit in der Zeit zurückreichen, die Entwicklung der Figur zeigen, die Etappen ihrer Reise, auf denen Wegbegleiter auftreten wie Uli Böttcher oder Eckhard Grauer. Bernd Kohlhepp bastelt in der Belthlestraße am Kosmos Hämmerle und legt in jede Schublade seines Kabinetts eine Überraschung. Die Kutterschaufel ist auch da, die Jukebox, die Schreibmaschine, die Postkarten, all die vielen Spuren, die ein Hämmerle so hinterlässt. Rund 120 Stücke finden sich schon im Kabinett – »und ich bin noch nicht fertig«, sagt Bernd Kohlhepp.
Dazu gehört auch eine Sammlung der Hüte, die Hämmerle trug im Lauf der Jahre. »Ich war immer auf der Suche nach einem echten Hut, einem, der dem Hämmerle gleichkommt, der diesen Charakter mitnehmen kann«, sagt Bernd Kohlhepp.
Ein Mann, viele Hüte
Zumeist ist er es, den man im Hämmerle Kabinett antrifft. Bernd Kohlhepp fungiert gewissermaßen als Hämmerles Statthalter in Tübingen. Manchmal ist auch Hämmerle persönlich zugegen. Das mag an vorhergehender Verabredung liegen. Beide, Bernd Kohlhepp und Herrn Hämmerle, trifft man jedoch nie gemeinsam an, auch nicht im Kabinett. Man weiß nicht, woran das liegen mag. (GEA)
Termininfo
Am Samstag, 16. Dezember, um 20 Uhr ist Bernd Kohlhepp mit seiner Hämmerle-Show »Der Tannenbaum brennt!« zu Gast im franz.K in Reutlingen. (GEA)
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