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Simply Red: Rückkehr des Rotschopfs

STUTTGART. Ein virtueller roter Vorhang öffnet sich, mit etwas Verspätung betritt der heiß ersehnte Haupt-Act des Abends mit seiner Band die Bühne, um den Hals eine Akustik-Gitarre. Er ist ein großer Künstler mit einer markanten Stimme, seine Songs sind Ohrwürmer. Hits wie »Stars« oder »Fairground« zählen dazu. Auf seiner »Big Love«-Tour nimmt der Simply-Red-Frontsänger Mick Hucknall die rund zehntausend Gäste in der voll besetzten Schleyerhalle mit auf eine Reise in die Vergangenheit und gibt seine Hits zum Besten, verfeinert mit Soli von Saxofon und Gitarre.

Mit einer Retro-Show begeisterte Hucknall sein Publikum, das sich durch die berühmten Songs an alte Zeiten erinnert fühlte. FOTO
Mit einer Retro-Show begeisterte Hucknall sein Publikum, das sich durch die berühmten Songs an alte Zeiten erinnert fühlte. Foto: Jürgen Meyer
Mit einer Retro-Show begeisterte Hucknall sein Publikum, das sich durch die berühmten Songs an alte Zeiten erinnert fühlte.
Foto: Jürgen Meyer
Mit der Reggae-Nummer »Night Nurse« bringt der eigentlich dem Soul- oder Pop-Genre zugeordnete Leadsänger zur Überraschung der nicht ganz so eingefleischten Fans sogar Jamaica-Feeling in die Halle. Bereits bei Song Nummer eins »Holding Back The Years« riecht es nach Schwefel, eine Wunderkerze brennt. Mehrere Bildschirme, die fächerartig hintereinander angeordnet sind, zeigen Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Band aus dem Früher und Heute. Sie zeigen auch die Gegenwart – das Konzert, die Darbietenden, das Publikum. Der mittlerweile 55-jährige Hucknall beweist: Das Erlebte ist nicht vergänglich, es bleibt lebendig, für immer. Durch seine Songs.

Frontmann im Glitzerjackett

Zur Begeisterung der überwiegend älteren Konzertbesucher heizt der Frontmann im Glitzerjackett – dessen er sich, je später der Abend und je bombiger die Stimmung wird, entledigt – mit einer Retro-Show ein. Und wirbt nicht etwa für sein neues Album, von dem er lediglich zur Zugabe »Shine On« präsentiert. Das muss so sein, schließlich feiern Simply Red hier nach Hucknalls Worten ihr 30-jähriges Bestehen, und da ist ein Rückblick angezeigt. Auch wenn das nicht ganz korrekt gezählt ist und die Band sich vor ein paar Jahren auflöste und nun wiedervereint ist.

Aber wer will an diesem Abend nostalgischer Gefühle schon kleinlich sein? Stimmliche Unterstützung erhält der Sänger von einem langhaarigen Bandmitglied im Hippie-Look. Der rothaarige Brite steigert sich nach der ersten eher ruhigeren Konzerthälfte. Man kann sagen, je weiter er sein Hemd aufgeknöpft hatte, desto rockiger wurden die Nummern. Bei »It’s Only Love« hält es nur noch wenige auf ihren Plätzen. Zahlreiche Gäste – darunter viele Frauen – strömen nach vorne, um ihrem Star nahe zu sein. Sie klatschen mit, bewegen sich im Takt und applaudieren. Auf die Bühne darf allerdings keine – dabei träumte etwa eine Besucherin auf der Hinfahrt in der S-Bahn im Gespräch mit ihren Freundinnen noch davon.

Das Beste kommt zum Schluss

Um die Spannung zu steigern, spart sich der Sänger die besten Songs bis zum Schluss auf. Erst zur zweiten Zugabe singt er »Fairground« und »If You Don’t Know Me By Now«. Die Stimmung ist gelöst, endlich singen die Gäste laut mit.

Zum Schluss wird der Engländer mächtig gefeiert, die Halle kocht. Bevor Hucknall die Bühne verlässt, lässt er es sich nicht nehmen, den Moment des Abschieds mit seinem Smartphone für seine Facebook-Seite festzuhalten. Eine clevere Geste Mick Hucknalls, um durch ein später folgendes »Like« beim Publikum unvergessen zu bleiben. Der Vorhang fällt, für diesmal ist die Reise zu Ende. Bis zum nächsten Mal, denken sicher viele beim Rausgehen. (GEA)