MÜNSINGEN-GUNDELFINGEN. In Gundelfingen auf der Schwäbischen Alb beobachtete die Künstlerin Tanja Niederfeld ihre Umwelt ganz genau. Inmitten der malerischen Alb-Kulisse sammelte sie Inspiration, um im Rahmen eines Stipendiums der Stiftung Anton Geiselhart künstlerisch tätig zu werden. Das Ergebnis ist die Reihe »Resonanz«, die noch bis zum 21. Juli in der Galerie Anton Geiselhart in Gundelfingen zu sehen ist.
Niederfeld präsentiert in »Resonanz« Holzschnitte, die durch leuchtende Farbfelder mit komplexen Oberflächenstrukturen sofort ins Auge fallen. »Die Farbe ist aus vielen Schichten gemischt, die ich übereinander drucke. Das können deckende oder lasierende Töne sein, die übereinandergelegt jedes Mal im Endergebnis etwas verändern«, erklärt Niederfeld bei einer Begehung der Ausstellung. »Auf diese Weise entstehen echte Unikate. Die Farben sind nicht reproduzierbar.«
Variierte Farbdichte
Jeder Farbton wird zudem von Niederfeld selbst angemischt. Des Weiteren variiert die 1964 in Friedrichshafen geborene Künstlerin die Farbdichte - die Werke werden so dynamischer. »Wenn ich Farben mit mehr oder weniger Druck auftrage oder sie verwische, entstehen unterschiedliche Effekte.« Bevor ein Motiv jedoch in den Druck gehen kann, bereitet Niederfeld in akribischer Feinarbeit die Druckplatten vor. Hierzu bearbeitet sie Holzplatten mit Messern und Spateln, bis im Werkstoff mehrschichtige Reliefs entstehen. Im Anschluss trägt die Künstlerin Farbe mit einer Walze auf. Mit der Platte in der Druckpresse werden Erhöhungen als Farbfelder abgebildet, während unterschiedlich tiefe Reliefs als farblose Flächen zurückbleiben.
Einen Ort für Inspiration fand Niederfeld im Lautertal. Beheimatet sind hier die Galerie der Stiftung Anton Geiselhart, ein Museum mit den Werken Anton Geiselharts sowie ein Atelier. »Auch sonst bin ich viel auf der Schwäbischen Alb, weil ich beeindruckt von der Natur bin«, erzählt Niederfeld. Vor allem die Gegend um Mössingen herum nutzt sie als Inspirationsquelle. »Mir kommen viele Gedanken und ich muss meinen Kopf erstmal wieder sortieren - das geht am besten, wenn ich mich in der Natur erden kann«, so Niederfeld. Wenn sie unterwegs ist, macht sie Zeichnungen von ihrer Umwelt. »Auf diese Weise habe ich speziell im Stipendium Eindrücke von meinen Ausflügen gesammelt.«
Denn bis zum fertigen Druck fertigt die Künstlerin meist mehrere Versionen ihrer Zeichnungen an. »Ich gehe ins Atelier und habe eine Fülle von Linien, Flächen, Farben und Formen, die ich immer wieder zu neuen Zeichnungen überarbeite und reduziere«, erklärt Niederfeld. Die Künstlerin reduziert ihre Bilder so lange, »bis sich eine Essenz dessen herausstellt, was mir wichtig ist«. Im Arbeitsprozess lässt sich Niederfeld Zeit: »Das mache ich nicht mal eben so in einer Stunde.« Über Tage hinweg bearbeitet sie einzelne Zeichnungen, bevor diese in den Holzschnitt gehen können. Bei der Übertragung ihrer Skizzen auf Holz verändert sich oftmals noch vieles in der Gestaltung, wie die Künstlerin weiter erklärt.
Über Monate beschäftigt sich Niederfeld im Arbeitsprozess für den Druck mit ihren Farben, wenn sie die Skizzen fertiggestellt hat. »Weil ich mehrere Farbschichten übereinanderlege, muss ich jede Schicht drei bis vier Tage trocknen lassen«, sagt sie.
Ausstellungsinfo
Die Ausstellung »Resonanz« mit Holzschnitten von Tanja Niederfeld ist in der Galerie der Stiftung Anton Geiselhart in Münsingen-Gundelfingen, Am Bürzel 1, bis 21. Juli zu sehen, Freitag und Samstag 14 bis 17 Uhr, Sonn- und Feiertag 11 bis 17 Uhr. Führungen sind am 9. Juni und 14. Juli jeweils um 14 Uhr. (GEA)
www.stiftung-anton-geiselhart.de
Rund 30 Holzplatten hat Niederfeld so im Frühjahr im Atelier der Stiftung Anton Geiselhart bearbeitet, mit denen sie die Werke für »Resonanz« druckte. Das waren aber längst nicht alle Eindrücke der Künstlerin, die sie in ihrem rund einjährigen Stipendium seit Mai 2023 im Lautertal gesammelt hat. Entwürfe, die Niederfeld aus Zeitgründen nicht umsetzen konnte, sind weiterhin als Zeichnungen vorhanden, »es gibt also noch einen gesammelten Schatz an Entwürfen«.
Um Niederfelds Landschaftsbilder der Alb verstehen zu können, muss man sie wirken lassen. Hell-Dunkel-Kontraste formen bei Niederfeld Berge und Täler, die von kantigen Linien wie Gebirgsbäche durchzogen werden. Graue Punktierungen reflektieren unter dunkelgrauen Bergketten und einem hellgrauen Himmel das letzte Licht der Dämmerung - wie Baumreihen entlang der Felder auf der Alb. All diese fein abgestimmten Details machen Tanja Niederfelds Werke auf faszinierende Weise einzigartig und sehenswert. (GEA)