HAYINGEN-WIMSEN. »Es gab die coolen Kids, und es gab die, die Dire Straits hörten.« Den Spruch hat eine Journalistin mal in einem Artikel über ihre offensichtlich verkorkste Kindheit gebracht. Sei es drum. Heute können sich die coolen Kids wahrscheinlich nicht mehr daran erinnern, was die coolen Kids damals hörten.
Die »Straits« sind dagegen immer noch lebendig, wie am Freitag in der ausverkauften Wimsener Mühle zu erleben war. »Brothers in Arms – the hottest, the originaliest Coverband ever, ever«, so die Ansage beim von einem Fanfarenmarsch begleiteten Einzug der vier Bandmitglieder, zeigte bei ihrem fast dreistündigen Auftritt, dass die Lieder der Briten um Mark Knopfler nichts von ihrer Suggestivkraft eingebüßt haben.
Die Waffenbrüder haben sich 2002 gefunden, zu der Zeit lag der letzte Auftritt ihrer Vorbilder schon ein paar Jahre zurück. Die Band um den Gitarristen und Leadsänger Al Leisner hat vor allem ein Ziel: möglichst nah am Original zu bleiben.
Knopfler covert ja auch
Leisner gelingt dass verblüffend gut. »Er sieht ihm sogar ähnlich«, staunte eine Besucherin in der Pause. Seine Stimme kommt im Laufe des Abends immer näher an das Original heran, auf der Gitarre gibt er den singenden Knopfler-Sound gekonnt wieder.
Bassist Sebastian Netz musste eingestehen, dass er noch nicht geboren war, als die Dire Straits ihre ersten Hits produzierten. Das schadet aber nichts, wer will schon lauter Mummelgreise auf der Bühne sehen? Und überhaupt, wer hat was gegen das Covern? Knopfler selber covert mit seiner aktuellen Band auf seinen Solo-Touren ja auch.
Das Programm baut den richtigen Spannungsbogen auf. In der ersten Halbzeit kommen die unbekannteren Stücke für die Kenner, gewürzt mit Hits wie »Romeo und Juliet« oder »So far away from you« und als Cliffhanger vor der Pause die fantastischen »Sultans of Swing.« Lauter und bekannter wird es in der zweiten Hälfte. Richtig laut wird es bei »Money is for nothing«, laut auch im Publikum. Bassist Sebastian Netz kann hier mit einem melodiösen Solo die Grenzen des Bassisten-Alltags sprengen. Aber das macht er des öfteren: Netz und Leisner werfen sich immer wieder die Bälle zu und liefern mitreißende Duos.
Gelungene Ensembleleistung
Höhepunkt des Programm waren tatsächlich »Brothers in Arms«. Aus der Konserve ist das Antikriegs-Lied vielleicht ein bisschen dröge. Live kommt es gewaltig. Die schleppende Eröffnung bringt Ruhe ins Publikum.
Al Leisners Stimme steht lange im Mittelpunkt, die Komposition lässt keine Fehler bei den Gitarrenpassagen zu. Covern vom Feinsten. Letztlich geht es bei den Original-Straits um Knopfler und seine Gitarre und bei den »Brothers« um Al Leisner und seine Gitarre. Aber die Ensembleleistung stimmt, das Klima auch. Immerhin spielt die Band seit 15 Jahren in derselben Besetzung.
Drummer Oly Wahner fängt seine Kollegen immer wieder ein, wenn denen die Solo-Läufe durchgehen, wie etwa bei »Telegraph Road«. Der präzise Arbeiter gibt den Stücken Struktur, bei »Calling Elvis« führt er mit einem eindringlichen Solo das Publikum in das vielleicht lässigste Straits-Stück. Überhörbar ist er selten.
Moritz Schusters Keyboard bleibt naturgemäß oft im Hintergrund. Beim Opener zu »Tunnel of Love« darf er aber ran, mit simuliertem Drehorgelspiel. Und dann noch einmal so richtig beim Endspurt. Mit dem tränendrüsenstrapazierenden »Going Home« endete der Abend instrumental, im Dialog zwischen Gitarrist und Keyboarder. Da sieht man die Nordlichter vor dem geistigen Auge flattern. Die Titelmelodie aus »Local Hero« ist streng genommen kein Straits-, sondern ein Mark Knopfler-Solo-Song. Aber wenn es bei Newcastle United, dem Lieblingsfußballteam von Knopfler, zur Hymne taugt, soll es dem Wimsener Publikum recht sein. Konzertmacher Didi Schrade hat wieder mal ein gutes Händchen bewiesen. (GEA)