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Museum Wiesbaden zeigt Grieshaber als Kämpfer für die Unterdrückten

Unter dem Titel »Form / Sprache« zeigt das Museum Wiesbaden, wie sich der Reutlinger Künstler HAP Grieshaber mit den großen Fragen der Gesellschaft auseinandersetzte. Warum das nichts an Aktualität verloren hat.

HAP Grieshabers Grafik »Hippieblume« in der Ausstellung in Wiesbaden.
HAP Grieshabers Grafik »Hippieblume« in der Ausstellung in Wiesbaden. Foto: Hermann Pfeiffer
HAP Grieshabers Grafik »Hippieblume« in der Ausstellung in Wiesbaden.
Foto: Hermann Pfeiffer

WIESBADEN. Es hat sich in den letzten Jahren eingebürgert, das Werk HAP Grieshabers bevorzugt in seinem nahen Umfeld zu zeigen. Dass das Kunstmuseum Reutlingen dabei eine Vorreiterrolle einnimmt, liegt auf der Hand. Noch zu Lebzeiten des Malers und Holzschneiders erwarb die Stadt Reutlingen ein umfangreiches Konvolut an Grieshaber-Werken.

Doch das Interesse an Grieshaber ist nicht auf die Region begrenzt: Bis 21. Januar zeigt das Museum Wiesbaden die Schau »HAP Grieshaber. Form I Sprache«, was in der Diktion der jungen Kuratorin Jana Dennhard bedeutet: »Den ideellen und kreativen Kosmos des Holzschnittkünstlers« in den Mittelpunkt zu stellen. Seine großformatigen, abstrakten und zugleich figurativen Arbeiten thematisierten große Fragestellungen unserer Gesellschaft, so Dennhard, die bis heute nicht an Aktualität verloren hätten - von Naturschutz bis hin zu sozialer Gerechtigkeit. Die Schau zeigt Holzschnitte, Druckstöcke und Lithografien Grieshabers von 1933 bis zu seinem Tod 1981.

Solidarität mit Unterdrückten

Rund 80 mehrfarbige Grafiken bilden in dem hellen Ausstellungsraum eine Art Leitlinie, an der die Besucher den Werdegang des Künstlers und damit eng verknüpft das Zeitgeschehen der Dreißiger- bis zu den Achtzigerjahren ablesen können. So versucht Grieshaber nach seiner Rückkehr 1933 aus Griechenland, sich mit seinen »Reutlinger Drucken« über Wasser zu halten. Später illustriert er Kriegs- und Nachkriegserlebnisse. Noch später treten das Leben auf der Achalm, Heirat und Geburt der Tochter in seinen Bildern hervor. Die Künstlergruppe »Die Freunde«, zu der Werner Oberle, Richard Raach, Walter Renz und Fritz Ruoff gehörten, eröffnet Grieshaber den Zugang zur Stuttgarter Galerie Herbert Herrmann. Kontakte zu Schriftstellern und Dichtern vertiefen sich.

Die Holzschnitte »Afrikanische Passion« (1960) und »Kongo-Triptychon« (1961) zeigen, wie sehr Grieshaber weltweite Umbrüche thematisierte. Als 1967 das Militär in Griechenland die Macht übernahm, stand für Grieshaber außer Frage, mit ausdrucksstarken Bildern für die Unterdrückten Partei zu ergreifen. Der Putsch in Chile mit dem Sturz des Präsidenten motivierte ihn zum »Epitaph für Allende«. Die Ausstellung in Wiesbaden bestätigt, was Dieter Honisch im Ausstellungs-Katalog der Staatlichen Kunsthalle Berlin 1977 hervorhebt: »Grieshaber lebt ohne Distanz zum Leben. Er steckt überall mitten drin. Genau darin äußert sich die Qualität dieses Künstlers.«

Ungewöhnlicher Katalog

In ihrem Resümee betont Jana Dennhard, wie Grieshaber Missstände und humanistische Belange bildhaft aufgreift. Umwelt- und Artenschutz waren für ihn zentrale Anliegen. Verdeutlich hat er dies mit dem Holzschnitt von 1972, indem er den Schriftzug »Umweltschutz Sache der Jugend« plakativ mit einbaute.

Ausstellungsinfo

Die Ausstellung »HAP Grieshaber. Form I Sprache« im Museum Wiesbaden (Friedrich-Ebert-Allee 2) dauert bis 21. Januar. Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag 11 bis 17 Uhr, Dienstag und Donnerstag 11 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag 11 bis 18 Uhr. Am 24., 25. und 31. Dezember sowie am 1. Januar ist geschlossen. Der Katalog kostet im Museum 28 Euro, im Buchhandel 39,90 Euro. (GEA)
https://museum-wiesbaden.de

Ungewöhnlich ist der begleitende Katalog in Steifbroschur mit offener Fadenheftung: Durch den Buchrücken wird man angeregt, über die im Siebdruck bedruckte Graupappe in das Kataloginnere »einzudringen«. Der Leipziger Grafikdesigner Frank Bernhard Übeler hat in seiner frischen Layoutsprache sowohl Museum als auch den Hirmer Verlag als Mitherausgeber in dieser Herstellungsversion überzeugt. (GEA)