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Mottos für alle Lebenslagen

Gunther Klosinski: Leitsprüche. Geklopft und Pi mal Daumen abgewogen. 44 Seiten, Druckerei Laupp & Göbel, Gomaringen.
Gunther Klosinski: Leitsprüche. Geklopft und Pi mal Daumen abgewogen. 44 Seiten, Druckerei Laupp & Göbel, Gomaringen. Foto: Pr Public Relations
Gunther Klosinski: Leitsprüche. Geklopft und Pi mal Daumen abgewogen. 44 Seiten, Druckerei Laupp & Göbel, Gomaringen.
Foto: Pr Public Relations

Die Zeiten werden komplizierter. Querdenker, Geradeausdenker, wem soll man noch glauben? Das ist eben der Fluch und der Segen der Demokratie, dass jeder selber seinen Weg finden muss. Orientierung tut also not, Leitlinien sind gefragt. Gunther Klosinski bietet sie in seinem neuen Bändchen gleich in Serie.

Das Gute dabei: Klosinskis Leitsprüche bieten Orientierung nicht nur für einen Typ Mensch, sondern für völlig unterschiedliche. In Form kurzer, sprachverliebter und wortgewandter Sentenzen gibt er Rat für Autokraten und Demokraten, für Lebensfrohe und Suizidale, Zweifler und Demagogen, Computerfreaks und Analoge. Dem ADHS-Kranken schenkt er den Leitspruch »Wer verharrt / erstarrt«, dem Wortkargen gibt er als Motto mit auf den Weg: »Wer schweigt / macht von sich reden.« Boxer finden hier nicht weniger prägnant ein Mantra für ihr Tun (»Austeilen macht mehr Spaß / als einstecken«) wie Nichtsnutze: »Nutze das Nichts / Um dich auszuruh’n / Im Glauben / Du hättest sonst / zu viel zu tun.« Diese Sentenzen sind auf eine gewitzte Weise ernst und unernst zugleich. Klosinski, Schriftsteller, Aquarell- und Fotokünstler, war bis zu seiner Emeritierung 2010 Ordinarius für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Tübingen. Er weiß, dass es oft der Zuspitzung, des Quäntchens Ironie und des Humors bedarf, um aus sich herauszutreten. Um das eigene Tun zu relativieren, sich in anderem Licht zu betrachten. Und dadurch gelassener zu werden.

Genau dazu laden seine Leitsprüche ein. Sie spielen mit Worten, jonglieren mit Gedanken, lassen uns spielerisch für einen Moment in die Denklogik von Diktatoren, Zölibatsverfechtern oder eines Brandstifters schlüpfen. Um uns an anderer Stelle mit einem Anti-Sorgen-Spruch zu trösten.

So ermuntert uns Klosinski, die Fülle der Möglichkeiten als Chance zu begreifen. Ermuntert uns, sie im Geiste durchzuspielen, auch mal den Standpunkt zu wechseln. Am Ende muss sich jeder selbst seinen Reim machen auf sich und die Welt. Muss jeder sein eigenes Motto für sich entwickeln. Dass der Sichtweisen dabei so viele sind, entlastet uns von dem Druck, es auf die eine Weise richtig machen zu müssen. Die einzig feste Gewissheit ist ohnehin die der Vergänglichkeit. Natürlich gibt’s auch dazu ein Motto: »Der Möglichkeiten / Gibt es viel im Leben / Doch alle Trauben / Fallen einmal ab / Von ihren Reben.« (akr)