»Ein Drehbuchschreiber«, sagte Alexander Häusser im Gespräch mit Andreas Vogt vor Beginn des Films, »muss immer uneitel sein«. Denn selbst von den größten Filmen bliebe selten der Name des Autors haften. Andererseits: »Ohne gutes Drehbuch gibt es keinen guten Film«. Ein guter Film über den Regisseur der epochemachenden Stummfilme »Metropolis« und »Die Nibelungen« und des Psycho-Klassikers »M« ist Mauggs und Häussers »Fritz Lang« geworden, allerdings das, was man einen Kritikerfilm nennt. Die Rezensionen sind entsprechend begeistert. Ohne die Unterstützung von ZDF und Arte wäre das Projekt nicht kostendeckend zu verwirklichen gewesen.
Schillernde Figur
Dass bei diesem Filmdrama über den schillernden Regisseur der Weimarer Zeit trotz bescheidenen Budgets echte Stars mitwirkten – wie Heino Ferch als Fritz Lang und Thomas Thieme als Kommissar Gennat sowie Samuel Finzi als Massenmörder Kürten und historisches Vorbild für Langs »M – eine Stadt sucht einen Mörder« – bezeichnet Alexander Häusser als »Verwirklichung eines Traums«.Schon Häussers Drehbuch verwebt virtuos verschiedene Ebenen und unterschiedliches filmisches Material. Da sind die in Schwarz-Weiß und im 4:3-Format gedrehten Spielszenen, die bruchlos in Ausschnitte aus »M«, in historische Filmaufnahmen und virtuell-digital kombinierte Sequenzen übergehen. Der Kern der Story ist fiktiv. Dass Fritz Lang, ausgebrannt und in einer tiefen Krise steckend, auf der Suche nach einem spannenden Tonfilm-Plot den gleichzeitigen Prozess um den Düsseldorfer Ripper Peter Kürten tatsächlich verfolgt und gar mit dem Serienkiller Gespräche geführt hat, ist erfunden, jedenfalls nicht nachweisbar – aber realistisch und plausibel.
Genauso realistisch ist das gesellschaftliche und politische Klima mit der grassierenden Not der Massenarbeitslosigkeit, der Dekadenz der arrivierten Kulturschaffenden und dem aufkommenden Nationalsozialismus dargestellt.
Der damals schon berühmte Österreicher Fritz Lang, von Goebbels und den Nazis umworben, emigrierte später nach Amerika und setzte seine Karriere in Hollywood fort – freilich nicht mehr mit dem Erfolg der früheren Jahre. Belegt ist auch der ungeklärte Tod von Langs erster Ehefrau Lisa Rosenthal. Sie starb – vielleicht von eigener Hand – durch einen Schuss aus seiner Kriegswaffe, als Lang ein Verhältnis mit seiner späteren zweiten Frau Thea von Harbou (der Co-Autorin von »M«) begonnen hatte.
Tiefenpsychologische Deutung
Das gemeinsam von Alexander Häusser und Gordian Maugg verfasste Drehbuch versucht, mögliche tiefenpsychologische Verbindungen zwischen Fritz Langs Kriegserlebnissen als tollkühn tötendem Frontsoldaten des Ersten Weltkriegs, dem Tod der ersten Ehefrau, der Lebens- und Schaffenskrise und der realen, zeitgleichen Geschichte des Düsseldorfer Serienmörders Peter Kürten plausibel zu machen. In der filmischen Umsetzung mag das vielleicht stellenweise zu stark dosiert sein. Aber es ist faszinierend, wie die Darstellung eines »echten« Peter Kürten von Samuel Finzi gegen den Schlussmonolog eines Peter Lorre (als wahnsinnig-verzweifelter Mörder Beckert) geschnitten ist, mit dem er und Fritz Lang in »M« 1931 Filmgeschichte schrieben.Im Kino forum 22 in Bad Urach wird »Fritz Lang – Der Andere in uns« heute, 31. Mai, und am 1. Juni jeweils um 20.15 Uhr gezeigt. (GEA)