ENINGEN. Das Trio Popp.Roß.Dohrmann bestritt am Sonntagabend mit seinem Programm »Perspectives« Konzert Nummer vier in der diesjährigen Reihe der Eninger Rathauskonzerte. Die Musiker spielten vor ausverkauftem Saal. Bei einwandfreiem Klang stimmte an diesem Abend einfach alles: Instrumente, Programm und Harmonie zwischen den Musikern.
Das Trio Popp.Roß.Dohrmann setzt sich aus Jens-Uwe Popp an der Gitarre, Jochen Roß an der Mandoline und Florian Dohrmann am Kontrabass zusammen. Passend zum Motto »Saiten« der aktuellen Rathaus-Konzertreihe zeigten sie sich von ihren besten Saiten. Sie strichen und zupften letztere mit chirurgischer Präzision. Die drei Musiker griffen wie Zahnräder ineinander und spannten das Publikum ein. Manche wippten mit Kopf oder Füßen mit, andere schlossen die Augen und gaben sich den entschleunigenden Klängen hin.
Früher im David Orlowsky Trio
»Wir sind ein neues Trio – wir haben uns erst letztes Jahr mit dem ersten Konzert gemeldet. Wir kennen uns aber schon sehr lange«, so Gitarrist Jens-Uwe Popp. Roß und Dohrmann hat er für sein neues Trio handverlesen. Mit beiden hatte er zuvor bereits Musik gemacht. Jochen Roß spielte schon mit neun Jahren gemeinsam mit Großvater und Mutter Mandoline im Mandolinen- und Gitarrenverein Wickenrode. Mit Popp machte er vor 26 Jahren als Duo Popp.Ross Musik. An Florian Dohrmanns Seite spielte Popp gemeinsam mit David Orlowsky von 2005 bis 2019 im David Orlowsky Trio und gewann zweimal den Echo Klassik.
In das neue Trio »hat jeder mit eingebracht, was er selbst gern mal spielen oder gespielt hören möchte«, so Popp. Da verschwimmen schon mal die Grenzen zwischen Folk, Jazz, Bluegrass, Klezmer und Klassik.
Ungerade Rhythmen
Mit Dave Brubecks »Blue Rondo à la Turk« wurde das Publikum eingegroovt. Was leichtfüßig daherkommt, hat einen höchst ungewöhnlichen 9/8-Takt. Wie auch »Take Five« im 5/4-Takt zeichnen sich alle Titel auf Brubecks Album »Time Out« durch ungerade Rhythmen aus. Stimmig klingen sie dennoch. »Melody, married to harmony, one and the same« heißt es in Brubecks Originaltext. Das Trio Popp.Roß.Dohrmann transportiert die Harmonie an diesem Abend auch ohne Worte.
Weiter ging die musikalische Reise durch die Jahrzehnte mit van Halen, Mike Marshall und Claude Debussy. Widersprüchlich anmutend, verband das Trio alles in seinem Programm konsonant in Dreier-Blöcken mit einer einzigartigen Dramaturgie.
Bunt wie eine Frühlingswiese
Nie improvisiert, doch immer virtuos und voller Liebe für die Musik führte das Trio durchs Programm. Alternierende Soli von Gitarre, Mandoline und Kontrabass, die man nicht in einem Trio vermutet, spielten ganz vertraut zusammen. Ausgeziert, doch dezent zeichnete das Trio Bilder direkt in die Köpfe der Zuhörer. Roß‘ Eigenkomposition »Spring« war bunt wie eine Frühlingswiese: Wechselspiel, Dialoge, Harmonien. In dem »Mischmasch aus vielen Ideen«, so Roß, hat er sogar eine Kadenz aus dem Gehörbildungsunterricht seines Klavierlehrers verarbeitet.
Dohrmann antwortete mit »L’après-midi fleuri« impressionistisch auf Debussys »Prélude à l’après-midi d’un faune« von 1894. Denn »Debussy hat natürlich nicht für unsere Besetzung geschrieben«, sagte Dohrmann lachend. Den flinken Passepied der »Suite Bergamasque« hatte Chris Thiles zuvor für sein fünfköpfiges Ensemble arrangiert. Das Trio Popp.Roß.Dohrmann übernahm sein Arrangement und schaffte es, die zwei fehlenden Instrumente kreativ zu ersetzen.
Politischer Protest
Der Titel des Stücks »Dakhme« bedeutet »Raum im Raum«. Popps Freund Reza Anoush interpretierte darin musikalisch einen »Raum mit einer gewissen Freiheit in einem anderen Raum«, so Popp. Denn das Lied ist sein Protest gegen die aktuellen Zustände im Iran.
Zum Abschluss der Rathauskonzertreihe mit 30-jähriger Tradition liefern sich Dozentinnen und Dozenten der Musikschule unter der Leitung von Johannes Popp ein Wechselspiel mit ihren Schülerinnen und Schülern - am 10. März in der Aula der Achalmschule. (GEA)