METZINGEN. Es geht in den Probenendspurt für das Kammerorchester Metzingen. Am kommenden Sonntag, 5. Mai, ist Konzert in der Neuhäuser Zwölf-Apostel-Kirche. Straff und konzentriert wird geprobt in der Eingangshalle der Metzinger Schönbein-Realschule. Dirigent Oliver Bensch sprüht vor Energie. Klare Ansagen gibt es von ihm - gerne auch einen lustigen Spruch. »Das muss an der Stelle so schön klingen wie ein Baiser-Gebäck!«, ruft er seinen Streichern zu. »Was ihr mir gerade liefert, ist eher Hefeteig.«
Konzertinfo
Unter dem Motto »Fiddlers Symphony« spielt das Kammerorchester Metzingen am Sonntag, 5. Mai, um 17 Uhr in der Zwölf-Apostel-Kirche in Metzingen-Neuhausen Suiten von Einojuhani Rautavaara, Ermanno Wolf-Ferrari und Matthias Düe. Solist ist Gunnar Merkert am Fagott, die Leitung hat Oliver Bensch. (GEA)
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Bekannt ist Oliver Bensch für ungewöhnliche Konzertprogramme. Drei Komponisten hat er sich mit seiner Truppe vorgenommen, die man kaum je von einem Laienorchester hört: den 2016 gestorbenen Finnen Einojuhani Rautavaara, den italienverliebten deutschen Spätromantiker Ermanno Wolf-Ferrari und den 1962 geborenen Rheinländer Matthias Düe. Verbindende Klammer: Alle drei arbeiten in ihren Werken mit Elementen aus der Folklore. Bei Rautavaara ist es die finnische, bei Wolf-Ferrari die italienische, bei Düe die deutsche.
Suite zu Schwabenliedern
Matthias Dües »Suite Souabe« - auf gut Deutsch die »Schwäbische Suite« - ist dabei sogar eine Auftragskomposition. Als klar war, dass es um Werke mit folkloristischen Elementen geht, sei ihm aufgefallen, dass es so etwas aus fast allen Ländern gibt - nur nicht aus Deutschland. »Orchestermusik, die sich mit deutschen Volksliedern beschäftigt, existiert praktisch nicht.« Also habe er Matthias Düe gefragt, ob er nicht Lust habe, so etwas zu schreiben. Düe hatte - und stürzte sich vor allem auf schwäbische Volkslieder. »Bald gras ich am Neckar« taucht da auf - natürlich auch die »Schwäb'sche Eisenbahn«.
Die klingt nun in der Probe nicht nach Zuckergebäck, sondern nach fauchendem Ungetüm, das mit Macht vorwärtsbrettert. Ein herrlicher Spaß! Düe bettet die Volksliedthemen in einen tonalen Rahmen, streut jedoch hier und da auch mal Effektklänge ein wie Klopfen auf dem Instrument oder Schlagen auf die Saiten. Wenn die Schwäbische Eisenbahn tragischerweise zu schnell vorandampft für die hinten angebundene arme Ziege, dann lässt der Komponist auch mal die Tonalität entgleisen. Im zweiten Satz hingegen muss es dann so luftig-fein klingen wie ein Baiser - was im zweiten Anlauf auch bestens gelingt.
Ostfinnisches Dorfleben
Es ist, wie meistens im ersten Halbjahr, der Kern aus Streichern des Orchesters, der sich hier präsentiert. In Rautavaaras Suite »Pelimannit - Fiddlers« entfalten sie Bilder vom Dorfleben in Ostfinnland, verspielt, skurril, vor einem Hintergrund herb-archaischer Natur. Von den Spielleuten aus Närbölä ist die Rede, vom Dorforganisten, einer Teufelspolka. Und einem Jonas Kopsin, der seine Geige nur für den Wald spielt.
Fagott auf Italienurlaub
Mit Ermanno Wolf-Ferrari geht es aus den nordischen Wäldern in die südliche Sonne. Das Fagott ist hier das Soloinstrument, geblasen von Gunnar Merkert, der schon mehrfach im Orchester mitgespielt hat. In Wolf-Ferraris »Suite Concertino« kann er zeigen, dass das Fagott auch ungemein sanglich-warme Melodik draufhat. Für die nächtlichen Stimmungen des »Notturno« ist das Fagott ohnehin zu haben. In der »Strimpellata« geht es dann spritzig-tänzerisch zu.
Ein ungewöhnliches Programm voll eingängiger Melodik, Bildern aus dem dörflichen Leben, nordischer und südlicher Atmosphäre. Gekrönt von einer ungestümen Schwäbischen Eisenbahn. (GEA)