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Meister an der Orgel

REUTLINGEN. Rund hundert Minuten Bach von der schwierigsten Art. Fugen. Nichts als Fugen. Einfache, die schon vertrackt genug sind. Gegenfugen. Tripelfugen. Doppelfugen. Spiegelfugen. Kanons. Der Torso einer Quadrupelfuge. Und eine schlichte Choralbearbeitung: »Vor deinen Thron tret ich hiermit«. Das ist Bachs »Kunst der Fuge« in einer dürren Aufzählung. Sein spätes Meisterwerk. Nicht auszuloten. Letztlich unerklärbar. Eine Summe seiner Wissenschaft von der Musik und seiner kontrapunktischen Gelehrsamkeit. Weder Gefühl noch Geist, sondern Manifestation eines Denkens und Gestaltens, das einer universalen Ordnungskraft folgt und Gegenläufiges zur Einheit bindet. Linien weiten sich zu Räumen. Und doch bleibt diese »Kunst der Fuge« das größte und das großartigste Fragezeichen der gesamten Musikgeschichte. Mit jedem erneuten Hören wächst vielleicht die Annäherung, aber es wachsen auch das Staunen und die ehrfürchtige Fassungslosigkeit.

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