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Marlenes Melancholie

REUTLINGEN. Eigentlich hatte Ina Z. vor, die Stufen einer Marmortreppe herabzuschreiten. Elegant und vielleicht sogar ein bisschen ätherisch. Die Schleppe ihrer Robe sollte von goldgelockten Mädchen getragen werden, während die Geigen rührselig dazu schluchzen. Natürlich hat Ina Z. im Kulturzentrum franz.K dann doch auf so was verzichtet.

Diven brauchen keinen Traumhochzeit-Kitsch und kein Showbühnen-Geblinke. Sie haben ein Klavier samt Pianist (treuer Begleiter: Christopher Hahn), ihre Schönheit, ihre Tragik und ihre Komik. Im franz K. stellte Ina Z. am Sonntag ihr neues Programm vor, in dem sie sich zum ersten Mal ausschließlich mit »Fremden Federn« schmückt.

Rumpelstilzchen mit Federboa

Den Abend will sie als »Hommage an all die wundervollen Diven dieser Welt« verstanden wissen. Ina Z. singt die großen Hits der größten Diven - Dietrich, Leander, Piaf, Knef - die oft voller Tiefsinn und Traurigkeit stecken. Daneben stehen die koketten Provokationen aus Holländers Feder und auch ein paar Ausflüge, die den Diven-Begriff weiter fassen: Der Barbara-Song von Bert Brecht und Kurt Weill, Trude Herrs allseits bekannte Schokoladen-Arie aus den 50ern und Marius Müller-Westernhagens Loser-Hymne »Geiler is’ schon«.

Trotz und Stolz schwingen in Ina Z.s samtig-dunkler Stimme, wenn sie Zarah Leanders »Nur nicht aus Liebe weinen« singt. Immer wieder setzt sie Marlene Dietrichs berühmten Schlafzimmer-Blick auf: pure Melancholie mit schweren, halb geschlossenen Lidern. Liebe, Lust und Leiden - c’est la vie en rose, die Lebenswelt der großen Diven, gewürzt mit einem bitteren Schuss Ironie. »Wenn ich gar zu glücklich wär, hätt’ ich Heimweh nach dem Traurigsein«, heißt es in einem Song von Friedrich Holländer.

Ina Z. bringt das Lebensgefühl der glücklich-unglücklichen Exzentrikerinnen auf die Bühne, hat deren Charme und Launenhaftigkeit. Wenn’s gar zu pathetisch zu werden droht, hüpft sie wie ein Rumpelstilzchen mit Federboa über die Bühne oder wedelt mit ihrem Fächer ganz undamenhaft in der Luft herum. Zu Recht wird sie vom Publikum gefeiert. Als sie Hildegard Knefs »Für mich soll’s rote Rosen regnen« anstimmt, schmeißen ein paar Damen etliche davon auf die Bühne. Und machen damit nicht nur Ina Z. glücklich, sondern auch einen Menschen, der einfach nur in der Pause vorbeikam und - wohl völlig unverhofft - das Geschäft seines Lebens machte: der indische Rosenverkäufer. (GEA)