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Kommunikation als Mission

STUTTGART. Man hat wieder Hund. Etwa fünf Milliarden Euro Umsatz werden in Deutschland jedes Jahr mit Bello & Co. gemacht. Statistisch lebt in jedem zehnten Haushalt ein Hund und bietet seinen Zweibeinern ein bisschen »heile Welt auf vier Pfoten«. Kein Wunder, dass man heutzutage auch als Hundetrainer Kultstatus erlangen kann: Martin Rütter gibt seine Philosophie in den großen Hallen der Nation weiter, so auch in der Porsche-Arena in Stuttgart.

»Der tut nix«, heißt sein neues Bühnenprogramm. »Der will nur spielen« ist laut Rütter sowieso die unverschämteste Lüge aller überforderten Hundehalter. Weil sie damit eigentlich nur ausdrücken wollen: Der tut nicht das, was ich will. Die ganze Halle lacht, und Rütter hat seine Tonart gefunden. »Lasst uns heute ehrlich sein«, ruft er und packt gleich zwei weitere Wahrheiten aus: Frauchen liebt den Vierbeiner mehr als ihren Mann, das erkenne man gut anhand des Lächelns, wenn der eine oder der andere ins Bett hopst. Und weil man den Hund so liebt, verharmlost man seine Macken. Er beißt ja nie, er zwickt halt manchmal.

Martin Rütter kennt seine Pappenheimer sehr genau, die Vierbeiner ebenso wie die Zweibeiner. Der deutsche Schäferhund beispielsweise leidet unter Kontrollzwängen, »der spielt im Park den Dorfpolizisten«. Der Beagle ist mehr so der Typ bekiffter Hippie, und der Golden Retriever »hat eine winzig kleine Schwäche fürs Essen«. Ach ja, und Jagdhunde jagen, Hütehunde hüten, wer hätte das gedacht!

»Ach, ist der süß!«

So was wird leider viel zu selten beachtet, weiß Rütter. Hundekauf funktioniere eher so: »Wir sehen einen Hund, finden ihn süß, Milcheinschuss ist da«, zack. Wenn der ausgewachsene Hund dann rassetypisches Verhalten und Bedürfnisse zeigt, ist der Ärger oft groß. »Ich empfehle, dass man sich vor der Anschaffung eines Hundes eine Checkliste macht: Was muss er können?« Alleinbleiben, Unterwegssein, Bewegungspensum, all solche Faktoren.

Rütter ist ein frisch geschiedener Mittvierziger mit Schlabbershirt überm Bauchansatz, Jeans und quietschbunten Turnschuhen. Ein Anti-Star. Genau dafür wird er offenkundig geliebt, und wer es bei seinen diversen Fernseh-Shows nicht begreift, der kommt live nicht mehr umhin: Rütters Erfolg liegt nicht nur an seiner enormen Silbendichte und einem großen Herz. Man merkt einfach: Dem Mann ist es ernst.

Er will gehört werden, gern auch mithilfe von Humor. Er hängt sich dafür rein, dass es Hunde besser haben, dass sie sich untereinander und mit ihren Menschen besser verstehen. Ohne je belehrend zu wirken, flicht er wissenschaftliche Studien ein und analysiert Kommunikationsstrategien. Vermutlich verdient er daran gut. Vermutlich wird den Hunden der Nation der Rütter-Boom zugutekommen. Sicher ist: Als Zweibeiner wird man bestens unterhalten, und das gilt selbst für Katzenfreunde und Tierhaarallergiker. (GEA)