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Keltische Wandmalereien?

HERBERTINGEN-HUNDERSINGEN. Archäologen sind bei Grabungen am frühkeltischen Fürstensitz auf der Heuneburg bei Herbertingen (Kreis Sigmaringen) auf Reste eines außergewöhnlich großen Gebäudes aus dem sechsten Jahrhundert vor Christus gestoßen. Nicht weit vom Eingangsbereich des als Freilichtmuseum angelegten Burgareals entfernt machten Forscher etwa einen halben Meter unter der Humusschicht eine spektakuläre Entdeckung.

Auf einer freigelegten Fläche von etwa fünf auf fünf Metern fanden sie den Teil einer umgestürzten Seitenwand. Die Fassade bestand aus einem Rutengeflecht, das mit Wandlehm verputzt war. Das Haus, dessen Grundfläche rund zwanzig auf dreißig Meter beträgt, war durch ein verheerendes Feuer niedergebrannt. Dabei fielen die Wände in den Innenbereich des Gebäudes. Durch die enorme Hitze wurde der Lehmverputz stark verziegelt und blieb deshalb - sehr zur Freude der Archäologen - sehr gut erhalten auf dem Fußboden liegen.

Spurensuche im Labor

Grabungsleiter Dr. Dirk Krauße und sein Team vom Landesamt für Denkmalpflege hegen die Hoffnung, unter dem verziegelten Wandverputz des vielleicht als Kultstätte genutzten Hauses Reste einer einstigen Verzierung zu finden. »Wenn wir hier eine Wandmalerei entdecken, die aus dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert stammt, wäre das eine große Sensation«, sagte der Wissenschaftler am Freitag vor Ort.

Daher wird im Bereich der umgestürzten Wand nicht weiter gegraben, sondern der Befund im Block komplett geborgen. Das freigelegte Teil soll dann unter Laborbedingungen mit Einsatz modernster Technik in der Restaurierungswerkstatt der Denkmalpfleger in Esslingen untersucht werden. Mitte Oktober werden die Grabungen auf der Heuneburg eingestellt und dann im Sommer wieder fortgesetzt.

Wiege der keltischen Kunst

Die Heuneburg an der oberen Donau gehört zu den bedeutendsten archäologischen Fundstätten Mitteleuropas. Die Befunde lassen keinen Zweifel zu, dass hier zwischen 620 und 480 vor Christus die erste bekannte stadtähnliche Siedlung nördlich der Alpen stand; sie ist wohl identisch mit der in der Antike genannten Stadt Pyrene. Vom eigentlichen, rund drei Hektar großen Burgberg wurde seit Beginn der Ausgrabungen im Jahr 1950 erst ein Drittel der Fläche untersucht.

In den letzten zehn Jahren richtete die Forschung ihr Augenmerk auf eine neu entdeckte Vorburg beim Besucherparkplatz. Dabei wurde eine monumentale Toranlage freigelegt. Seit 2003 wird die Außensiedlung der »Keltenstadt« erforscht. Diese erstreckte sich vermutlich über ein riesiges Gebiet von schätzungsweise hundert Hektar. In ihrem Einzugsgebiet werden wohl mehrere zehntausend Menschen gelebt haben.

Pyrene - die Heuneburg - als bedeutendes Siedlungs-, Wirtschafts- und Machtzentrum gilt als einer der Entstehungsorte der keltischen Kunst und Kultur, der weitreichende Beziehungen bis ans Mittelmeer und zu den griechischen Kolonien unterhielt. Insbesondere ihr jähes Ende gibt aber noch viele Rätsel auf.

Mittels geophysikalischer Prospektion konnte ein imposanter Aufgang vom Donauufer zur Burg ausfindig gemacht werden. Unter mächtigen Kiesanhäufungen hoffen die Wissenschaftler im nassen Untergrund Pfostenreste einer vermuteten Schiffsanlegestelle zu finden. Ihnen kommt dabei zugute, dass die Donau zurzeit renaturiert wird. (GEA)

www.heuneburg.de