Logo
Aktuell Hip-Hop

»König für immer«: Bushido krönt seine Tour mit einem fetten Finale in Stuttgart

Comeback und Abschied: Bushido beendet seine erste Tour nach acht Jahren Bühnenpause, die zugleich seine letzte sein soll, in der ausverkauften Porsche-Arena in Stuttgart.

Der König lässt's krachen: Bushido setzt bei seiner Show auch auf Effekte wie Pyrotechnik, Videos und Bilder.
Der König lässt's krachen: Bushido setzt bei seiner Show auch auf Effekte wie Pyrotechnik, Videos und Bilder. Foto: Andreas Fink
Der König lässt's krachen: Bushido setzt bei seiner Show auch auf Effekte wie Pyrotechnik, Videos und Bilder.
Foto: Andreas Fink

STUTTGART. Nimmt man ihn beim Wort (und in der Rap-Szene ist das ja Ehrensache), ist es aus und vorbei. Acht Jahre war Bushido auf keiner Konzertbühne, dafür aber oft im Fernsehen. In den Dokus und Reality-Formaten ging es weniger um den Künstler und seine Musik als um seinen Rechtsstreit mit dem Abou-Chaker-Clan und sein Leben in Dubai. Wüste, Luxus, Leben in der Großfamilie, acht Kinder, schöne Frau. Und jetzt das: Seine erste Tour nach langer Abstinenz, die ihn in etliche Großstädte und zum Finale auch nach Stuttgart führte, soll auch die letzte gewesen sein.

Comeback und Abschied gleichzeitig. Das passt zu einem, der sich über 20 Jahre lang erfolgreich als agent provocateur inszeniert und sowohl mit seinen Texten als auch mit seinem Verhalten polarisiert hat. Der Rapper hat sich mit Kollegen und Ex-best-friends - Kay One, Sido, Fler - genauso gestritten wie mit Feministin Alice Schwarzer. Ghetto-Battle hier, Feuilleton-Diskurs da. Und was man von ihm auch halten mag: Deutsch-Rap gäbe es ohne ihn so nicht, er hat das Genre mit aufgebaut und geprägt. Seine Tour »König für immer« zu nennen, ist so gesehen zwar nicht gerade bescheiden, aber legitim.

Bushido (links) wurde von seinem Rap-Kollegen Animus unterstützt.
Bushido (links) wurde von seinem Rap-Kollegen Animus unterstützt. Foto: Andreas Fink
Bushido (links) wurde von seinem Rap-Kollegen Animus unterstützt.
Foto: Andreas Fink

Die royale Abschiedsparty in Stuttgart ist ausverkauft - dafür bekommt Bushido den »Sold out«-Award der Porsche-Arena. 6.000 Leute feiern vis à vis vom Wasen das Kontrastprogramm zum Frühlings-Bierzelt-Rummel. Der König lässt sich nicht lumpen. Fast drei Stunden lang hält er Hof, flankiert von seinem Gefolge DJ Marvin und Rapper Animus, der als Back-up jede Zeile mitsingt und damit einen doppelten Boden bietet, den Bushido wahrscheinlich gar nicht nötig hätte: Der Rapper ist live richtig gut, keine Hänger, immer sauber auf dem Beat. Ganz im Gegensatz zu einem jungen Mann namens Kai aus dem Publikum. Der versichert zwar mehrfach, Bushidos Texte auswendig zu können, darf deshalb zu seinem Idol auf die Bühne - scheitert aber, so schlimm es nur geht. Von »Sonnenbank Flavour, Solarium Flow« kann nicht die Rede sein, Kai schweigt und stammelt Wortbröckchen ins Mikrofon. Und was tut Bushido? Er macht dem Namen seines Labels »Ersguterjunge« alle Ehre, bleibt freundlich und holt sogar noch Kais Freundin auf die Bühne.

Dass Kai dann auch noch einen Ring in der Tasche hat, auf die Knie sinkt und einen Antrag macht: rührend. Und vielleicht doch ein bisschen zu viel der glücklichen Zufälle? Sei's drum, es geht so weiter, Bushido hat nicht nur eine große Klappe und große Autos, sondern auch ein großes Herz. Er schreibt seinen Namen auf ein Plakat, das eine Frau hochhält - sie will die Unterschrift als Tattoo-Vorlage verwenden - , und macht einen kleinen Jungen mit seinem verschwitzten Handtuch glücklich. Gut gelaunt plaudert er mit dem Publikum und haut ein Kompliment nach dem anderen raus. Dieses hier zum Beispiel: »Ich hab noch nie so viele hübsche Menschen auf einem Platz gesehen.«

Berlin-Ghetto-Ästhetik auf Videowänden

Hypnotische Beats und fette Bässe für die Ohren und die Magengrube, satte Bilder für die Augen: Licht- und Pyrotechniker verwandeln die Kulisse alle paar Sekunden. Hinter Bushido schießen Feuerfontänen hoch, vor ihm schlagen Flammen an der Bühnenkante aus dem Boden. In den vorderen Reihen kann man die Hitze spüren. Auf Videowänden werden nicht nur Live-Bilder von Bushido auf der Bühne, Close-ups von seinem Gesicht gezeigt, sondern auch Ghetto-Kunst der geschmackvollen Art. Zu rund 30 Songs ziehen Bilder, oft in ästhetischem Schwarz-Weiß, vorüber. Brandenburger Tor, S-Bahnen und vom Scheinwerferlicht der vielen Autos erhellte Kreuzungen. Berlin, Bushidos Heimatstadt.

Riesige Videowände, Licht- und Pyrotechnik: Auch optisch war viel geboten.
Riesige Videowände, Licht- und Pyrotechnik: Auch optisch war viel geboten. Foto: Marion Schrade
Riesige Videowände, Licht- und Pyrotechnik: Auch optisch war viel geboten.
Foto: Marion Schrade

In Film-Einspielern wird die Geschichte vom rebellischen kleinen Jungen Anis Ferchichi erzählt - vom Schulverweigerer zum Superstar und schließlich zum gereiften Familienvater. Bushido hat's schon drauf, an der eigenen Legende zu basteln. In einem der Videos sagt er: »Das Leben besteht nicht daraus, gute Karten zu haben. Es geht darum, mit denen, die du hast, gut zu spielen.« Philosophie von der Straße. Ziemlich banal, aber halt auch wahr. All das fühlt sich ein bisschen so an, wie im Fotoalbum zu blättern. Der Abend ist eine Reise durch ein halbes Leben - auch musikalisch.

Auf der langen Setliste stehen Songs aus 21 Jahren, alte genauso wie neuere, und natürlich sind auch all diejenigen dabei, die den König unsterblich gemacht haben: »Ronin«, »Zeiten ändern dich«, »Von der Skyline zum Bordstein zurück«, »Alles wird gut« und »Stress ohne Grund« - der Song, der vorübergehend sogar auf dem Index jugendgefährdender Medien stand. Unflätig, gewalttätig oder einfach nur eine von der Kunstfreiheit gedeckte Provokation? »Macht euch keine Sorgen, es ist doch nur Musik«, sagt Bushido irgendwann mal im Laufe dieses Abends, den er mit seinem größten Hit beschließt: »Für immer jung«. König für immer. (GEA)