Weil die Kusterdinger Motorradfreunde das ganze Jahr über ihr 25-jähriges Bestehen feiern, haben sie den Kusterdinger Klosterhof mit Guinness-Wimpeln verkleidet und den wohl irischsten aller deutschen Sänger eingeladen. Paddy Schmidt ist bekannt als Stimme und Kopf von »Paddy goes to Holyhead«. Der Holyhead-Bassist Uwe Bender stand auch in Kusterdingen an seiner Seite, als Paddy seine Lieder sang, in Cargo-Hose und Polohemd, mit unrhythmischem Bürstenschnitt, die Klampfe umgehängt und das Geschirr für die Mundharmonika um den Hals. Mit dieser eindringlichen Stimme, die nach ungezählten Nächten in irischen Pubs klingt, nach einem Lebenswandel, der Freude macht, auch wenn man damit nicht unbedingt hundert Jahre alt wird.
Die Freiheit fühlen
Wenn Paddy Gitarre spielt und dazu singt oder seine Mundharmonika-Akrobatik betreibt, dann wippen Füße. Dann legen Pärchen weit jenseits der 50 einander die Hände auf den Hintern und fühlen die Freiheit. Dann schnappt einer seine Frau und tanzt einfach. Die Zeit verschwimmt zwischen den ungezählten Traditionals, Paddy-Songs und Cover-Versionen. Billy Joels Welthit »Piano Man« erkennt man sofort am schwingenden Dreiertakt und dem Mundharmonika-Intro. Bei Paddy Schmidt heißt das »Whiskey Man« und hat noch mehr Veränderungen hinter sich: »We're all in the mood for a Tullamore«, singt er. Zu Billys Zeiten ging's noch um Melodien.Draußen vor dem Klosterhof stehen Menschen, die einem erzählen, es sei nicht Paddys erstes Konzert heute: Am Nachmittag habe er schon in Rottenburg im Knast gespielt. Macht nix. In Kusterdingen hat er gegen neun Uhr angefangen, aber er legt die Gitarre erst weit nach Mitternacht wieder aus der Hand. Es hat ihm einfach so viel Spaß gemacht. Marc, ein Ire aus dem Publikum, der mit zwei Esslöffeln tolle Percussion machen kann, hat sich spontan mit auf die Bühne gestellt, dann haben sie zweistimmig gesungen. Es hätte auch in Irland sein können. (GEA)