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Aktuell Konzert

Großes Programm und großer Klang

Die Junge Sinfonie Reutlingen mit romantischer Klangfülle und geballter Spannung in der Stadthalle

Katalin Theologitis spielte mit der Jungen Sinfonie Sergej Rachmaninows zweites Klavierkonzert. FOTO: BARSCH
Katalin Theologitis spielte mit der Jungen Sinfonie Sergej Rachmaninows zweites Klavierkonzert. Foto: Eva Barsch
Katalin Theologitis spielte mit der Jungen Sinfonie Sergej Rachmaninows zweites Klavierkonzert.
Foto: Eva Barsch

REUTLINGEN. Ein anspruchsvolles Programm hatte sich die Junge Sinfonie Reutlingen für ihr Sommerkonzert vorgenommen, dem jedes Profiorchester gewaltigen Respekt zollen würde: Sergej Rachmaninows 2. Klavierkonzert c-Moll und Beethovens 3. Sinfonie, die »Eroica«, brachten die jungen Musikerinnen und Musiker am Sonntag in der zu etwa drei Vierteln besetzten Reutlinger Stadthalle auf die Bühne.

Rachmaninow hatte vor der Komposition seines 2. Klavierkonzerts eine Schaffenskrise erlebt, die ihn in eine tiefe Depression stürzte. Daraufhin unterzog er sich einer Hypnose-Therapie und schrieb später darüber: »Ich hörte die gleichen hypnotischen Formeln Tag für Tag wiederholt […]. Du wirst dein Konzert schreiben … du wirst mit großer Leichtigkeit arbeiten … Das Konzert wird von exzellenter Qualität sein … Es waren immer dieselben Worte, ohne Unterbrechung. Auch wenn es unglaublich erscheint, diese Therapie half mir wirklich. Im Sommer begann ich zu komponieren.« So entstand dieses populärste seiner drei Klavierkonzerte. Neben seiner starken Emotionalität gilt es als technisch schwierig und herausfordernd in Bezug auf die Klangbalance zwischen Orchester und Solist.

Die Solistin der Reutlinger Aufführung war die aus Ungarn stammende Katalin Theologitis (geborene Rozgonyi). Nach ihrem Studium an der Franz-Liszt-Musikhochschule Budapest setzte sie ihre Ausbildung an der Musikhochschule Trossingen fort, wo sie seit ihrem Abschluss als Korrepetitorin arbeitet. Mit durchweg makelloser Technik und Kraft geriet ihr eine beeindruckende Darbietung des aufgrund seiner Länge von über 40 Minuten auch konzentrativ anstrengenden Werks. Für ihr stets unbeschwert wirkendes Spiel erhielt sie lang anhaltenden Applaus, dem sie mit der Zugabe »Ein Abend auf dem Lande« ihres Landsmanns Béla Bartók begegnete.

Der Dirigent Konrad Heinz leitete das Orchester so, dass es über weite Strecken dem Flügel den klanglichen Vortritt ließ, während es in den Forte-Abschnitten ein gewaltiges Volumen entfaltete, in das sich der Flügel als Teil des Gesamtklangs einbettete. Das groß besetzte Orchester (allein zwölf erste Violinen), das die Stadthallen-Bühne gut ausfüllte, begeisterte mit Fülle, Wärme und Ausgewogenheit. In den zahlreichen Piano-Strecken, besonders in den ersten beiden Sätzen des Klavierkonzerts, gelang es Heinz, große Spannungsbögen herzustellen, in denen das Orchester sehr diszipliniert und ohne je an Spannung zu verlieren musizierte. So entstand zeitweise ein Zauber, der den ganzen Saal in Bann zog.

Zupackend und musikantisch

Diese Spannung war auch in der 3. Sinfonie von Ludwig van Beethoven nach der Pause immer wieder zu spüren, und sie ist nicht leicht herzustellen in diesem rund 50 Minuten dauernden Werk. Besonders im langsamen Satz mit seinen zahlreichen Variationen über das Thema eines Trauermarschs ist Konzentration vonnöten, um die kontrastierenden musikalischen Elemente hervorzuheben: rhythmische Varianten, Wechsel zwischen Dur und Moll, einzeln hervortretende Instrumentengruppen, schließlich eine dreifache Fuge verlangen den Musikern Präzision und Sensibilität ab.

Ebenso Genauigkeit verlangen in den schnellen Sätzen die Ablösungen zwischen den Instrumentengruppen, die fast immer organisch ineinander griffen. Trotz der hohen Qualität machten sich bei der Sinfonie jedoch mitunter die Länge des Gesamtprogramms und seine hohen Ansprüche bemerkbar.

Durchweg spürte man Spielfreude, inneres Engagement und Spannung der Musikerinnen und Musiker. Konrad Heinz führte das Orchester klar und voller Energie. Immer wieder stachen einzelne Gruppensoli heraus: schlank und tonschön die der Holzbläser, von auffallender Wärme und klanglicher Geschlossenheit die der Solohornistin und des Horntrios. Zupackend und musikantisch das Stimmführerquartett der Streicher, auf das die Besetzung im letzten Satz für einen Abschnitt reduziert war.

Ein beglückender, langer Abend mit der Jungen Sinfonie Reutlingen. (GEA)