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Gezauberte Calamondin

Von den Ehrlich-Brothers herbeigezauber: Calamondin-Pflanze. Foto: DPA
Von den Ehrlich-Brothers herbeigezauber: Calamondin-Pflanze.
Foto: DPA

Diesen Sonntag rappt die Berlinerin Sukini bewusst für Kinder. Am 14. August organisiert der Autor Jochen Weeber ein kulturelles Kinderfest im Echaz-Hafen. Immer mehr Kulturveranstalter nehmen Kinder in den Blick. Daher hier einige Gedanken, was Kultur für Kinder bedeuten kann.

Jedes Jahr im Februar werde ich panisch, weil unser Calamondin-Stämmchen (Citrus madurensis) aussieht, als würde es die Sommersonne nicht mehr sehen. Die Pflanze, eine Zwergorange, hat mein Sohn auf der Bühne herbeigezaubert mit Unterstützung von niemand geringeren als den Ehrlich-Brothers. Das war 2016, bei ihrem Tourneestopp in Reutlingen und ich war nicht einmal dabei. Meinen Mann habe ich damals mit unserem Zehnjährigen dorthin geschickt und noch heute ist das Erlebte präsent.

Auch andere Kulturerlebnisse sind unvergessen. Als mein Junge zweidreiviertel Jahre alt war, lief Jim Knopf im Naturtheater Reutlingen. Weil Filius den Lokomotivführer aus Kinderbüchern bereits lieb gewonnen hatte, sind wir mit einer weiteren Mutter und deren gleichaltriger Tochter in den Wasenwald. Und weil Kinder in diesem Alter immer Hunger haben, bekamen die beiden Brezeln. Die Brezel meines Sohnes war am Ende noch da, durchgeschwitzt in seiner kleinen Kinderhand, die, wie der ganze Bub, von allem so gefangen genommen war.

Früher im selben Jahr waren wir zum Hock am 1. Mai in Kirchentellinsfurt. Da spielte der Musikverein, und unser Stoppelhopser nahm einen Kunststoff-Strohhalm mit Knick, lief bis an den seitlichen Rand kurz vor die Fraktion mit den Blechblasinstrumenten. Er stellte sich ruhig hin, hielt den Strohhalm mit langem Ende nach oben und tat so, als spiele er mit, irgendein Fantasie-Blasinstrument. Er wollte über eine Stunde nichts essen oder trinken, es war sehr heiß, ich war in größter Not, aber er hatte in sich einen Auftrag: mitzuspielen!

Unser Gastspiel beim Kasperletheater auf den Bösmannsäckern war dagegen legendär kurz, denn als dem Krokodil auf den Holzkopf gehauen wurde, fing mein Sohn laut zu weinen an. Wir sind ganz schnell raus, und ich habe ihm alles erklärt. Wir zwei besuchten ein paarmal die Classic Night. Der absolute Höhepunkt kam 2013, da war der Siebenjährige schon Star-Wars-affin. Als das mächtige Schicksalsmotiv fürs fulminante Feuerwerk-Finale aufgeführt wurde, klappte das kindliche Kinn nicht mehr nach oben, minutenlang.

Immer wieder investiere ich in gemeinsame Kulturerlebnisse, dazu zählen auch weit einfachere Dinge, wie Kino- oder Museumsbesuche oder Ruinen, die das Wandern spannender machen. Heute ist er 16 Jahre alt, im Vorjahr hatten wir großen Spaß im Echaz-Hafen beim 80er-Jahre-Konzert mit »Welcome to the Pleasuredome« an einem perfekten Sommerabend. Inzwischen mag er Jazz, und so leisten wir uns ab und zu ein Konzert dieses Musikgenres – daheim dröhnt aus dem Jugendzimmer aber durchaus Musik, bei der ich raus bin. Am Ende sind Investition in solche Erlebnisse unbezahlbar, weil diese Erinnerungen verbinden und alle Sinne angesprochen werden. Die Calamondin sieht jetzt im Sommer übrigens wieder ganz prima aus. (GEA)