TÜBINGEN. Zunächst betrat der in New York geborene und seit 1989 in Berlin lebende David Friedman die Bühne beim Auftakt des Conversations-Festivals am 8. September in der Hochschule für Kirchenmusik. Und zeigte, weshalb er als einer der einflussreichsten Vibrafonisten gilt. Sein Spiel klingt klar, brillant und besticht durch die bemerkenswerte Fähigkeit zu einer behutsamen Balance von Wohlklang und improvisierter Musik. Unüberhörbar ist seine Vorliebe für balladeske Melodien. Es gab aber auch hochkomplexen Jazz zu hören, etwa das Stück »Waltz for Debby« von Bill Evans oder »Almost Blue« von Chet Baker.
So schlenderte der gut Deutsch sprechende Musiker von Bebop über Pop-affine Musicalmelodien und Bossa Nova bis in die Stilistik der Sechzigerjahre. Was Milt Jacksons leisere Töne ebenso umfasste wie Duke Ellingtons klassische Dissonanzen. Allzu experimentelle Momente jedoch mied er. Einfühlsam, mit lebendigem Klang und klugen dynamischen Feinabstufungen spielte sich Friedman immer mehr frei. Und das Publikum ließ sich vom sanften Wiegen zwischen Dur und Moll, dem Pendeln zwischen Melodie und Rhythmus davontragen.
Trio mit zweitem Album
Im Anschluss folgte das junge Trio mit Stefan Schöler (Piano), Lukas Keller (Kontrabass) und Simon Bräumer (Schlagzeug) und stellte sein zweites Album »Wiedersehen« vor. Nach den ersten beiden Stücken wirkte der Jazz dieser Formation eher unspektakulär, auf die reine Trioform reduziert, etwas unterkühlt. Doch zunehmend verschafften die dynamischen Feingliederungen und sorgsam integrierten Momente der Reduktion den Eigenkompositionen eine Dramaturgie, die trotz weitschweifiger Solopassagen die Spannung der Stücke auf die Spitze trieb. Das lag an der musikalischen Präsenz des Pianisten Stefan Schöler, aber auch an der Aufmerksamkeit seiner Mitmusiker.
Vor allem beim Finale, zu dem David Friedman für fünf weitere Titel und eine Zugabe hinzustieß, verließ das Trio wiederholt die vorgezeichneten Bahnen. Dann lieferte sich Pianist Schöler feine Scharmützel mit dem mehr als doppelt so alten, aber nicht weniger agilen Friedman und machte dem vorgegebenen Rahmen »Jazz im Dialog« alle Ehre. (GEA)


