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Fabelhafte Klänge im Tübinger Pfleghofsaal

Ulrike Kristina Härter und Jean-Christophe Schwerteck präsentierten am Sonntagabend die vertonte Fabelwelt des Jean de La Fontaine. Das Publikum hatte dabei einige Gelegenheiten zum Schmunzeln. Sachi Nagaki vervollständigte das Programm mit Francis Poulencs Suite aus dem Ballett »Les Animaux modèles«.

Jean-Christophe Schwerteck, Sachi Nagaki (Mitte) und Ulrike Kristina Härter beim Schlussapplaus im Tübinger Pfleghofsaal.
Jean-Christophe Schwerteck, Sachi Nagaki (Mitte) und Ulrike Kristina Härter beim Schlussapplaus im Tübinger Pfleghofsaal. Foto: Verena Völker
Jean-Christophe Schwerteck, Sachi Nagaki (Mitte) und Ulrike Kristina Härter beim Schlussapplaus im Tübinger Pfleghofsaal.
Foto: Verena Völker

TÜBINGEN. Die Zuhörer durften sich am Sonntag im Tübinger Pfleghofsaal über Werke von fünf französischen Komponisten aus dem 19. und 20. Jahrhundert wie Charles Lecoq und Jacques Offenbach freuen. Ulrike Kristina Härter und Jean-Christophe Schwerteck musizierten vertonte Fabeln von einem der bekanntesten Literaten Frankreichs.

La Fontaines Fabeln, die auch heute noch einen festen Platz im französischen Schulunterricht haben, dienten als Grundlage für die musikalische Reise. Und auch in Deutschland kennen viele die Fabeln beispielsweise von dem listigen Fuchs, der dem Raben durch Schmeicheleien den Käse aus dem Schnabel entlockt, aus der Schule. Ulrike Kristina Härter, begleitet von Jean-Christophe Schwerteck am Klavier, erweckte die unterschiedlichsten Tiere und Charaktere durch ihren Gesang auf beeindruckende Weise zum Leben. Für Härter war es das erste Mal, dass sie diese Werke aufführte, und sie überzeugte das Publikum mit ihrer lebhaften Interpretation.

Studentische Einführungen

Das Konzert wurde im Rahmen eines Seminars der Tübinger Musikwissenschaft und Romanistik veranstaltet. Studierende hatten sich intensiv mit den Fabeln und deren Vertonungen auseinandergesetzt und verfassten kurze Einführungen zu den Werken.

Die Fabel-Vertonungen zeigten eine Bandbreite von kindlich-naiven bis zu ausgefallen-expressionistischen Vertonungen. In manchen Werken wurde der gesamte Text vertont, in anderen nur Ausschnitte. Die Klavierbegleitung von Schwerteck schien den Gesang nicht nur zu begleiten, sondern auch zu ergänzen und zu kommentieren.

Die Ameise muss betteln gehen

Ein Werk, das für Heiterkeit sorgte, war die Fabel über Grille und Ameise. Die Grille, die den ganzen Sommer damit verbracht hat zu singen, anstatt Vorräte anzulegen, muss bei der Ameise betteln gehen. Die Ameise möchte keine Vorräte abgeben, stattdessen solle die Grille doch jetzt tanzen. Der Gesang der Grille wird durch lange Töne dargestellt, was Härter mühelos gelang. Schwerteck spielte die schnellen Läufe, durch die die Ameise dargestellt wird, flink und gewitzt, sodass die zwei Insekten für die Zuhörer bildlich wurden.

Im Kontrast dazu klang dagegen die Geschichte von den beiden Tauben (Le deux pigeons) ruhig und einfühlsam. Der Reutlinger Sängerin gelang es in betörender Weise, den Schmerz des Dichters zu transportieren, der voller Melancholie sich an die eigene Zeit des Verliebtseins erinnert und fragt, ob die Zeit der Liebe für ihn nun vorbei ist. Die stets mit leicht traurigem Unterton versehenen Zeilen flossen bei Härter dahin und mündeten in einem hauchzarten Schluss, wenn Charles Gounod sehnsuchtsvoll die Verse des trauernden Erzählers vertont, der die Liebenden ermuntert, immer füreinander dazu sein.

Kampf zweier Hähne

Der zweite Teil des Konzerts gehörte der talentierten Pianistin Sachi Nagaki, die die Suite »Les Animaux modèles« präsentierte. Mit sechs unterschiedlich gestalteten Abschnitten, die jeweils eine Fabel repräsentieren, ließ sie das Publikum durch die Musik von Francis Poulenc in eine andere Welt eintauchen. Mal waren es ruhige, sehnsuchtsvolle Klänge, die an perlende Regentropfen erinnerten, welche den ersten Teil der Suite»Le petit jour« (Dämmerung) darstellten. Dann die wilden und kurzen, wenig melodischen Klänge, die den Kampf zweier Hähne (Le combat des deux coqs), nahezu greifbar werden ließen. Die unterschiedlichen Stile, deren sich Poulenc bediente, machen den Reiz dieses Werks aus, denen Nagaki eindrucksvoll in allen der sechs Fabeln Lebendigkeit verlieh. Das begeisterte Publikum im vollbesetzten Pfleghofsaal honorierte die Darbietungen mit reichlich Applaus. (GEA)