Kein Problem für Prange. Er muss als Erfolgsautor, dessen Bücher in Massen über den Ladentisch gehen und die bereits in zwei Dutzend Sprachen übersetzt wurden, solche Worte gewohnt sein und er bleibt auch dabei immer der nette, freundlich lächelnde Herr, dem man manchmal in den Tübinger Straßen beim Einkaufen begegnet.
Was man in jedem Fall über ihn sagen kann: Er ist ein leidenschaftlicher Autor, der mit und in seinen Büchern auflebt. Im voll besetzten Pfleghofsaal am Sonntag sprudelte es nur so aus ihm heraus, als er von der Geschichte seiner Hauptfigur, der zwangsgetauften Jüdin Gracia, erzählt. Da ist er dann kaum zu bremsen und nimmt seiner Interviewerin und Stichwortgeberin, der Journalistin Bernadette Schoog, auch schon mal die nächste Frage einfach vorweg.
Durch Zufall Gracia gefunden
Wie ist Prange auf seine Hauptfigur Gracia, die im 16. Jahrhundert Kaiser, Papst und Sultan die Stirn geboten hat, die aber - auch in Israel - kaum einer kennt, gekommen? Mehr oder weniger durch Zufall. Sie tauchte am Rande seiner Arbeiten für seinen Roman »Der letzte Harem« auf - und begann sofort, ihn zu faszinieren.Und dabei stieg Prange in die Welt der drei großen Religionen Christentum, Judentum und Islam ein: »Was trennt sie, was verbindet sie?« Und vor allem: Wo liegen die Wurzeln des religiösen Fanatismus, wenn »der Glaube sich verselbstständigt« und wenn »im Dialog mit Gott« der Blick auf den Menschen verloren geht?
Zu diesen Fanatikern zählt Prange auch seine Hauptfigur. Er habe lange gesucht, bis er im Lebenslauf von Gracia die Stelle gefunden habe, wo die Wurzeln für ihren Fanatismus gelegen haben könnten. Er sieht sie schon in dem 18-jährigen jüdischen Mädchen, das nach der christlichen Zwangstaufe mit einem bedeutend älteren Mann zwangsverheiratet wird. Weil sie in ihm einen Gottlosen und Verräter an ihrem Glauben sieht, verweigert sie sich ihm in der Hochzeitsnacht. Diese Seite Gracias, mache die spätere Entwicklung plausibel.
Im Pfleghofssaal gab es am Sonntag noch eine kleine Überraschung zu sehen. Der Tübinger Künstler Axel von Criegern hat eine Serie von Tuschezeichnungen geschaffen, die die Hauptfigur von Pranges Roman zeigen. Der Autor war vom Werk des Malers begeistert: »Ich war baff, als ich die Bilder gesehen habe.« Die Zeichnungen spiegelten sehr gut die vielen Facetten von Gracias Charakter wieder. (GEA)