KUSTERDINGEN. Ein verspieltes Oboensolo schwebt auf den hellen Flageoletttönen der Geiger, dann setzt das Orchester lautmalerisch ein, um schließlich mit voller Wucht durch die voll besetzte Turn- und Festhalle in Kusterdingen zu schallen. Kongenial interpretierte das Sinfonieorchester Neckar-Alb (SinfoNeA) am Sonntagabend Alexander Borodins »Steppenskizze aus Mittelasien«. Die Amateurmusiker und Musiklehrer aus dem Raum Reutlingen/Tübingen zeigten mit ihrem Frühjahrskonzert eine beeindruckende Leistung.
Joseph Haydns Trompetenkonzert Es-Dur lässt der preisgekrönte Trompeter Alexander Flamm ganz sanft anlauten, um die Töne in mehreren subtil ausgestalteten Crescendo-Partien temperamentvoll anschwellen zu lassen. Mit eleganten Trillern umspielt er die Melodie. Nur an wenigen Fortissimo-Passagen gerät ihm der Klang seiner Trompete etwas scharf.Das Orchester unterstützt ihn mit vollem Klang und hinreißendem Schwung. Unter der Leitung von Rainer M. Schmid bietet sich ein differenziertes Klangbild, das mit klaren Einsätzen die unterschiedlichen Stimmen zur Geltung bringt. Stellenweise lässt der ehemalige Musiklehrer des Pfullinger Gymnasiums die Bläser fast solistisch hervortreten, um dann in einem furiosen Finale einen rauschenden Schlusspunkt zu setzen.»Ich habe die Morgenröte des Sommers geküsst.« Für einen Moment lauschen die Musiker ebenso gebannt wie die Zuhörer. Eva Hofmann, ausgebildete Sprecherin, lässt ihre Stimme durch den Raum schweben. Sanft aus dem Dunkel emporsteigend wie das Morgenrot, das sie besingt. Bezwingend in ihrer Ruhe und Gelassenheit.
Sehnsucht und Wehmut
»Noch regte sich nichts an der Stirn der Paläste. Das Wasser war tot. Dunkel lagen die Schatten im Wald. Ich ging und weckte den Wind, und die Steine blickten auf. Lautlos schlugen die Flügel der Taube.« Arthur Rimbauds Prosagedicht »Morgenröte« diente Arthur Honegger als Inspiration für seine »Pastorale d'été«. Auf dem satten Bass der Celli und Kontrabässe schweben die verspielten Melodien der Streicher und Bläser. Ein kurzes Querflötensolo macht die Morgenstimmung hör- und fühlbar.Nach diesem verträumten Intermezzo setzt Johannes Brahms' 3. Sinfonie einen markanten Schlusspunkt. Im Wechsel von lyrischen und dramatischen Passagen lässt das Orchester die Sehnsucht und Wehmut des Stückes hervortreten und verleiht ihm den nötigen Schwung. Verhaltene Einsätze lassen die Melancholie des dritten Satzes spürbar werden. Das Pizzicato der Kontrabässe lässt unter dem getragenen Spiel des Orchesters einen pulsierenden Rhythmus aufleuchten. Die temperamentvollen Einsätze der Bläser wechseln sich im vierten Satz mit schwungvollen Streicherpartien ab, die den versöhnlichen Ausklang des Stückes umso überraschender erscheinen lassen.Das Orchester spielt das Programm ein weiteres Mal am Samstag, 27. Mai, um 20 Uhr in der Stiftskirche St. Amandus in Bad Urach. (GEA)