Mit Weltschmerz
Wenn man sich die dreizehn Platten anhört, die Stipes Band R.E.M. bislang gemacht hat, und versucht, seine Texte wirklich zu verstehen, kommt man sich manchmal vor wie ein Kunstbanause, der sich in eine Ausstellung mit Meisterwerken zeitgenössischer Malerei verirrt hat: Man kann sich noch so sehr darum bemühen, zu begreifen, was einem der Künstler sagen will am Ende lässt einen das Vieldeutige und Bruchstückhafte doch immer ratlos zurück.Fest steht nur, dass Michael Stipe in einem ziemlich tristen Universum lebt. Dass er manchmal davon träumt, mit einem Schnellzug Reißaus zu nehmen, kann man ihm da nicht verübeln. Schließlich scheint er in seinen Liedern den ganzen Schmerz, den die Welt verursacht, verarbeiten zu wollen. Das gilt auch für das neue Album
»Around The Sun« eine Platte, die von der politischen Weltlage beeinflusst und entsprechend düster ist: »Ich fühle mich wie der wütendste Pazifist der Welt. Aber ich weiß, das ich nicht alleine bin. Und es gibt immer einen Schimmer Hoffnung.«Kommerz und Anspruch»Around the Sun« wird mit seinen träumerisch schwebenden Songs von der Kritik als ein Meisterwerk gefeiert, das einmal mehr unter Beweis stellt, dass R.E.M. eine Ausnahmeband sind, der es gelingt künstlerischen Anspruch und kommerziellen Erfolg miteinander zu verbinden. Schon seit Jahren gilt das Trio als eine der einflussreichsten Bands der internationalen Rockmusiklandschaft. Und statt mit einem Hochgeschwindigkeitszug abzuhauen, haben R.E.M. in »Around The Sun« die Langsamkeit entdeckt wieder einmal.
Dabei geht es nicht nur um das Tempo der Songs. Zwar bewegen sich die meisten Nummern auf dem Album gemächlich voran. Vor allem haben sich R.E.M. aber bei den Aufnahmen viel, viel Zeit gelassen. Mit dem Ergebnis, dass sich alle Songs auf der Platte bereits beim ersten Anhören wie Klassiker anhören. »Steh still, Welt, denn ich weiß nicht, was kommen wird«, fordert Michael Stipe im Titelsong »Around The Sun« und beim Zuhören hält man den Atem an. (GEA)
R.E.M.: 12. Februar, 20 Uhr, Stuttgart, Schleyerhalle
Kurzbiografie 1981 gründen vier Studenten an der Uni in Athens/Georgia die Band R.E.M. Mit sensiblem, kunstfertigem, am Folk geschulten Rock wird die Band zum Kritikerliebling. Schon das Debüt »Murmur« (1983) kürt der Rolling Stone zur Platte des Jahres. »Out Of Time« (1991) und der Hit »Losing My Religion« bringen auch den kommerziellen Erfolg. Als Drummer Bill Berry 1997 die Band verlässt, droht sie auseinanderzubrechen. Sänger Michael Stipe, Gitarrist Peter Puck und Bassist Mike Mills machen aber erfolgreich als Trio weiter. (GEA)
