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Diabolisch, friedlich und moralisch: Barockmusik bei den Herbstlichen Musiktagen

Beim Konzert der Freunde der Herbstlichen Musiktage Bad Urach erklangen in der Upfinger Marienkirche Perlen des Barock.

Die Münchner Geigenvirtuosin Lena Neudauer spielte in der Upfinger Marienkirche Giuseppe Tartinis »Teufelstriller-Sonate«.
Die Münchner Geigenvirtuosin Lena Neudauer spielte in der Upfinger Marienkirche Giuseppe Tartinis »Teufelstriller-Sonate«. Foto: Christoph B. Ströhle
Die Münchner Geigenvirtuosin Lena Neudauer spielte in der Upfinger Marienkirche Giuseppe Tartinis »Teufelstriller-Sonate«.
Foto: Christoph B. Ströhle

ST. JOHANN-UPFINGEN. »Ich wünschte, ich könnte so etwas singen«, sagte der künstlerische Leiter der Herbstlichen Musiktage, Florian Prey, nachdem der letzte Ton von Jean-Marie Leclairs Triosonate D-Dur, op. 13/2 verklungen war. Lena Neudauer (Violine), Klaus Kämper (Violoncello) und Veronika Braß (Cembalo) hatten dem Werk des 1697 geborenen französischen Komponisten virtuos Ausdruck gegeben. Leclairs eleganter und brillanter Stil und die in munteren Dialogen ausgelebte Kontrapunktik stellen seine Konzerte und Sonaten in die Nähe der Werke eines Antonio Vivaldi.

Das eindrücklichste Virtuosenstück an diesem Konzertabend im Rahmen der Herbstlichen Musiktage Bad Urach in der Marienkirche in Upfingen wartete zu diesem Zeitpunkt aber noch auf seine Aufführung: Giuseppe Tartinis »Teufelstriller-Sonate«. Wie Leclairs Sonate eine Perle des Barock. Es möge das beste Stück sein, das er je komponiert habe, soll Tartini gesagt haben. Doch bleibe es weit hinter dem zurück, was ihn im Traum entzückt habe. Seiner Schilderung nach träumte er, er habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, wonach dieser ihm dienen müsse. Er habe dem Teufel seine Geige überlassen, um zu sehen, was er damit anfangen würde, und sei verzückt, hingerissen und bezaubert gewesen von dem, was der Teufel da spielte. Und erwacht.

Von Teufelsvision überrascht

Tartinis berühmt gewordener Sonate für Solo-Violine und Basso continuo in g-Moll gaben Neudauer, Kämper und Braß zunächst einen melancholisch-sehnsüchtigen Charakter. Mit langen Melodiebögen nahm Neudauers Geigenspiel für sich ein. Im zweiten Satz auch mit dem kraftvollen Dreiklangsthema und weich fließenden Sechzehntelpassagen. In der Grave-Einleitung des Finales vermochte man den Schlafenden erkennen, der im plötzlich hereinbrechenden Allegro von der Teufelsvision überrascht wird. Dann hörte man die Solo-Violine neben dem Triller, dem das Werk seinen Beinamen verdankt, eine Melodie spielen. Ein spieltechnischer Effekt, der in der Zeit um 1730 neu war und auch heute noch beeindruckt. Zumal Neudauer ihn ebenso kompromisslos und befremdlich wie selbstverständlich klingen ließ. Packend und furios. Aus der Welt gefallen, aber irgendwie doch nur ein bisschen, woran auch die Basso-continuo-Begleitung ihren Anteil hatte.

Das Barockkonzert, das die Freunde der Herbstlichen Musiktage in Upfingen an einem Montag um 17 Uhr veranstalteten, war reich an einnehmender Musik. Dazu zählten die Kantaten »Das Glück« und »Die Falschheit« aus Georg Philipp Telemanns Zyklus »6 moralische Kantaten«. Interpretatorische Intelligenz und Einfühlungsvermögen ließen der Bariton Florian Prey und die Instrumentalisten diesen Lehrstücken angedeihen. Zwar drang Preys Stimme anfangs nicht allzu gut durch. Doch das änderte sich im Lauf seines lebendigen Vortrags zusammen mit den Musikern, der Arien und Rezitative einschloss. Und die Erkenntnis beförderte, dass sich das Glück nur schwerlich einstellt, wenn man es versäumt, morgens aufzustehen. Gar nicht zu sprechen vom Schaden, den die Falschheit anrichtet. Weshalb man gut daran tue, sie aus seinem Leben zu verbannen. Zum Glück wird das von Telemann und den Interpreten charmant präsentiert. Sonst käme es doch reichlich besserwisserisch daher.

Selten gespielter Komponist

Lena Neudauer und Klaus Kämper machten Musik Johann Sebastian Bachs, die eigentlich für Cembalo gesetzt ist, auf Geige und Cello zum Genuss. Veronika Braß gab auf dem Cembalo Einblick in die komplex-farbenfrohe und virtuose Klangwelt eines Komponisten namens Carlo Francesco Pollarolo. Dieser gab sein Amt als Organist des Markusdoms in Venedig auf, um sich dem Komponieren von Opern zu widmen. Über 80 wurden es am Ende, und sie wurden zu seiner Zeit mit großem Erfolg in Italien, Deutschland und Österreich aufgeführt. Heute sind sie weitgehend vergessen.

An den Anfang und das Ende setzten die Interpreten mit Anmut und Strahlkraft gestaltete Arien aus Telemanns Kantate zu Mariae Heimsuchung. Friedvoll und harmonisch klang der Abend mit Telemanns »Ew’ger Vater! Deine Güte reicht, so weit der Himmel ist« als Zugabe aus. (GEA)