REUTLINGEN. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie nehmen auf das Mitgliedertreffen des Freundeskreises HAP Grieshaber noch immer Einfluss. So musste der Freundeskreis-Vorsitzende, Dr. Wolfgang Bartelke, bei der Tagung im Spendhaus einleitend anmerken, dass 2022 »mangels Grieshaber-Ereignissen« kein Treffen stattgefunden hatte. Um so mehr konnte er hervorheben: Die Zahl der Mitglieder sei auf 130 angestiegen.
Im letzten Jahr stand an vorderster Stelle die Verleihung des Jerg-Ratgeb-Preises an den in Berlin lebenden Maler Jürgen Böttcher alias Strawalde durch die HAP Grieshaber Stiftung, verknüpft mit einer umfassenden Ausstellung. Ebenfalls zur Aufgabe der Stiftung zählt die Auswahl der Grieshaber-Stipendiaten. Das Kunstmuseum begleitet die Preisträger und organisiert eine abschließende Ausstellung. 2022 profitierte davon Ci g˘dem Aky aus München, in diesem Jahr und bis Mitte nächsten Jahres ist es Simone Eisele, die in Wien und Mainz lebt.
Der mit 25.000 Euro dotierte HAP-Grieshaber-Preis der VG Bild-Kunst wurde an die Hamburger Konzeptkünstlerin Nana Petzet vergeben. Ihre künstlerische Auseinandersetzung mit Themen wie Quantenphysik oder Ökologie bildet seit den 1980er-Jahren den Kern ihres Werks.
Die Ausstellung »Der Vieux. Werke von HAP Grieshaber 1958–1964« im Spendhaus dauert noch bis 19. November. Sie umfasst den Briefwechsel und die durch die Zusammenarbeit mit der Galerie Rothe in Heidelberg entstandenen Arbeiten und basiert auf der Jahresgabe 2022 für den Freundeskreis. Eine imposante Grieshaber-Ausstellung unter dem Titel »Form – Sprache« zeigt noch bis 21. Januar das Landesmuseum Wiesbaden. Die in der Eninger Grieshaber-Halle im Mai eröffnete Ausstellung »Krieg und Frieden« dauert noch bis anfangs Dezember. Für Sommer 2024 ist eine Grieshaber-Ausstellung im Schlossmuseum Murnau geplant. Bartelke: »Es tut sich also wieder etwas in Sachen Grieshaber.«
Lieblingsthema Liebe
»Die Liebe ist ein Hemd aus Feuer – Liebespaare bei HAP Grieshaber« hieß eine Ausstellung vom 3. Juni bis 25. September 2022 im Spendhaus. Wie ein roter Faden zieht sich bei Grieshaber seit den 30er-Jahren bis zu seinem Ende die Thematik der Liebespaare durch sein Werk.
An verschiedenen Gemeinschaftsausstellungen war der Künstler ebenfalls beteiligt. So zeigte der Eninger Förderverein die Sonderausstellung »Klaus Herzer im Dialog mit HAP Grieshaber«. Und die Kunsthalle St. Annen in Lübeck zeigte mehrere Bahnen der »Sintflut« aus dem Besitz der Kunsthalle Rostock. Weiter war Grieshaber in Ausstellungen im Barlach-Haus in Hamburg, im Picasso-Museum in Münster, im Berner Kupferstichkabinett und im Kunstmuseum in Heidenheim präsent. Im Jahr 2025 steht das Jubiläum »500 Jahre Bauernkrieg« an – ein Thema, mit dem sich Grieshaber intensiv beschäftigte. Daran soll auch eine Ausstellung im Spendhaus erinnern – unabhängig anderer Projekte zum Bauernkrieg wie etwa der angekündigten Landesausstellung in Stuttgart und Bad Schussenried.
Kunst auf dem Postweg
Wolfgang Glöckner, Kenner des Holzschneiders aus Bonn, befasste sich im Anschluss an die Versammlung mit Grieshabers Briefproduktion. Gesichert gelte, dass er in hoher vierstelliger Anzahl Briefe der Post anvertraute. Vielfach verließen gleich mehrfach Briefe an einem Tag die Achalm. Die Schrift Grieshabers mit ihren geschwungenen Unterlängen in diesen zumeist A4 großen Mitteilungen, so Glöckner, sei reine Kalligrafie.
Eingebürgert habe sich die Bezeichnung »Malbriefe«. Gleichwohl halte er es für zutreffender, bei etlichen dieser Briefe von »Bildbriefen« zu sprechen. Denn oft seien Bild und Wort kombiniert. Empfänger reichten von Freunden, Galeristen, Verlegern, Literaten, Publizisten bis zu Geliebten wie Margarete Hannsmann oder Jutta in Ulm und an die Töchter »Liebe Nani«, »Liebe Ricca«. (GEA)