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Das Leben eines Schauspielers: Ein Blick hinter die Kulissen des Monospektakels

Christian Wirmer stand beim Monospektakel in Reutlingen auf der Bühne. So sieht das Leben des freischaffenden Künstlers aus.

Christian Wirmer tritt seit zwanzig Jahren als freier Künstler auf.
Christian Wirmer tritt seit zwanzig Jahren als freier Künstler auf. Foto: Privat
Christian Wirmer tritt seit zwanzig Jahren als freier Künstler auf.
Foto: Privat

REUTLINGEN . Von Stadt zu Stadt. Von Auftritt zu Auftritt. Von Bühne zu Bühne. Das Leben als freischaffender Schauspieler ist aufregend und abwechslungsreich - kann aber seine Tücken haben. Christian Wirmer kennt sowohl die Sonnen- als auch die Schattenseiten des Schauspielerdaseins. Seine Welt ist die Boheme, und mit seinen Stücken verschlägt es ihn nach ganz Deutschland wie auch in die Schweiz. Als Solokünstler stand er beim Monospektakel im Reutlinger Theater Die Tonne auf der Bühne. Das Festival endet am Sonntag mit dem Stück »Ein ganz gewöhnlicher Jude«.

Wirmers Credo in Reutlingen wie auch bei anderen Auftritten: »Nimm die Dinge so an, wie sie sind.« Das spiegelt sich deutlich in seinem Schaffen wider. So nutzt er beispielsweise Publikumsreaktionen oder auch herumliegende Gegenstände und integriert diese in sein Stück - was meist geplant wirkt. Dieses Maß der künstlerischen Freiheit blieb ihm als festes Ensemblemitglied an Theatern verwehrt. »Beim Theater besteht eine klare Trennung zwischen dem Publikum und den Künstlern«, sagt er. Diese löst Wirmer in seinen Interpretationen bewusst auf. Dabei passt er sich der stetig neuen Bühnenumgebung an: »Ich komme immer ein paar Tage früher, um mir den Raum anzuschauen und mir bewusst zu machen, wie ich ihn nutze«, erzählt der Künstler.

Schauspielstudium in Bochum

Sein Lebensmotto wirkt sich dabei auch auf sein Privat- und Familienleben aus. Nach seinem Schauspielstudium in Bochum heuerte er in verschiedenen Städten und Theatern an: Oberhausen, Trier, Hannover, Basel und zuletzt in Darmstadt: »Ich fand es toll, neue Städte kennenzulernen.« Trotzdem entschied er sich 2004 für die Arbeit als Freischaffender: »Meine Frau und mein Kind wollten nicht mehr so viel umziehen«, so der 66-Jährige, der nun in Darmstadt lebt. Sowohl die äußeren als auch die inneren Umstände, wie der Drang danach, eigene Kunst zu schaffen, animierten Wirmer dazu, seine Festanstellung am Staatstheater Darmstadt zu beenden. Mittlerweile ist er Rentner. Trotzdem hat er seine Leidenschaft und Berufung nicht aufgegeben: »Ich kann mir nun aussuchen, worauf ich Lust habe«, sagt er.

Was ihn begeistert und inspiriert, sind literarische Werke. Dabei interpretiert Wirmer Geschichten wie »Lenz« von Georg Büchner oder den Roman »Morgen und Abend« des norwegischen Literaturnobelpreisträgers Jon Fosse - mit letzterer Darstellung stand er in dieser Woche in Reutlingen auf der Bühne. Egal, ob szenische Darstellung einer Novelle oder Handpuppenspiel - Christian Wirmer spult nie nur Vorgefertigtes ab, sondern behält immer auch die Besonderheit des Moments im Auge. (GEA)