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Das Kammerorchester Metzingen trat mit einer Uraufführung in der Zwölf-Apostel-Kirche auf

Wenig bekannte Werke, die mit folkloristischen Elementen arbeiten, hatte sich Dirigent Oliver Bensch mit dem Kammerorchester Metzingen vorgenommen. Höhepunkt in der Zwölf-Apostel-Kirche war eine Uraufführung, die in schwäbische Liedersphären führte.

Gunnar Merkert am Fagott und Dirigent Oliver Bensch in Wolf-Ferraris Concertino in F.
Gunnar Merkert am Fagott und Dirigent Oliver Bensch in Wolf-Ferraris Concertino in F. Foto: Dagmar Varady
Gunnar Merkert am Fagott und Dirigent Oliver Bensch in Wolf-Ferraris Concertino in F.
Foto: Dagmar Varady

METZINGEN-NEUHAUSEN. Musik kann man nur fühlen, miterleben, erspüren - oder man lässt sich auf Hintergrundinformationen ein. Die Intentionen des Komponisten sind durch Letzteres natürlich besser erfahrbar, und so gibt es bei Konzerten oftmals ein erweitertes Programmheft. Doch auch eine gute Moderation hat ihre Vorteile. Man ist nicht gezwungen, während des Musikvortrags zu lesen, und wenn es jemand mit Humor und Enthusiasmus macht, wie Oliver Bensch am späten Sonntagnachmittag in der Zwölf-Apostel-Kirche in Neuhausen, dann ist die Begeisterung ansteckender als durch geschriebene Worte.

Wenn dann auch noch unbekanntere Musik gespielt wird, ist dies umso nötiger. Und da Bensch sich mit seinem Metzinger Kammerorchester immer wieder gerne auf Neues einlässt, dem Publikum Horizonte öffnet, lauschte man am Sonntag gerne seinen Ausführungen. Moderne Musik, die Folklore, Volkslieder oder Tänze aufgreift, war auserkoren - inklusive einer Uraufführung. Das war allesamt nicht exzentrisch und befremdlich, sondern meist tonal und durchweg gefällig.

Rautavaaras »Fiddlers«-Suite

Die Suite »Pelimannit – Fiddlers« des finnischen Komponisten Einojuhani Rautavaara (1928 - 2016) mit ihren fünf kurzen Sätzen und den vorangeschriebenen programmatischen Titeln zeigte bei allen Musikern volle Präsenz von Beginn an. Und eine Spielfreude, die sicherlich auch Bensch geschuldet ist, der mit weiten und präzisen Gesten führte und nie Ernst über Begeisterung stellte. In die unterschiedlichen Themen und musikalischen Gegebenheiten wurde gerne eingetaucht, und das Ausgestalten und das Hören aufeinander war kein Zwang, sondern ein Anliegen aller.

In Ermanno Wolf-Ferraris (1876 - 1948) »Suite Concertino« in F für Fagott und Streichorchester kam eine weitere Komponente hinzu: ein Solist. Gunnar Merkert bereicherte mit seinem Fagott das Orchester, und genau so kann man dies auch bezeichnen, da er wie aus dem Orchester heraus spielte und sich dennoch in einer ruhigen und profunden Präsenz als Solist entfaltete. Warm und reizvoll artikulierte er, und auch seine Zugabe über »Carmen«-Themen war eine gute Veranschaulichung der Bandbreite dieses sonst so wenig solistisch geprägten Instruments.

Der Komponist gibt Auskunft

Es waren noch nicht genug der Besonderheiten, denn zum Schluss konnte man eine Uraufführung miterleben, die Bensch selbst in Auftrag gegebene hatte. Der Komponist Matthias Düe war anwesend und wurde von Bensch vorab interviewt. Hierbei konnte man Einblick in sein Kompositionsverfahren erlangen. Benschs Wünsche für den Auftrag waren Anklänge an deutsche Volkslieder und ein angemessener Schwierigkeitsgrad. Dass Düe sich vorwiegend auf schwäbische Volkslieder festlegte, war besonders passend. Mit seinen spielerischen und unbefangenen Melodien bot er eine unheimlich zugängliche und gesellige Musik.

»Bald gras ich am Neckar«, »Wir sind zwei Musikanten und kommen aus Schwabenland« und »Auf de schwäb’sche Eisebahne« waren schwäbische Einschüsse, die Düe variativ verarbeitete. Er ließ Motive durchreichen, berücksichtigte den Text, was den Grundcharakter oder auch einzelne Textstellen betraf. Bei »Guter Mond, du gehst so stille« war jede Streichergruppe mal solistisch oder begleitend gefragt. Insbesondere die von den Kontrabässen gezupfte Melodie, während die anderen mit den Bögen gegen die Saiten tupften, hatte eine interessante Wirkung und mündete in einen ätherischen Schluss.

Die Eisenbahn dampft voran

Der letzte Satz »Kehraus« gab seinem Namen alle Ehre: Er war spritzig und programmatisch, sodass man die Eisenbahn stampfen hörte und die Melodie in allerlei rhythmischen Formen durchdenken konnte. Fazit: Bensch und sein Kammerorchester stehen definitiv für Enthusiasmus, Humor und Innovation. (GEA)