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Aktuell Musiktage

Brückenschlag zum Jazz in Bad Urach

Zwei Duos von außerhalb der Klassik treten beim Festival in Bad Urach auf

Pianist Walter Lang und Saxofonist Michael Hornstein glänzten in der Bad Uracher Festhalle mit elegantem Wohlfühljazz.  FOTO: SP
Pianist Walter Lang und Saxofonist Michael Hornstein glänzten in der Bad Uracher Festhalle mit elegantem Wohlfühljazz. FOTO: SPIESS
Pianist Walter Lang und Saxofonist Michael Hornstein glänzten in der Bad Uracher Festhalle mit elegantem Wohlfühljazz. FOTO: SPIESS

BAD URACH. Ein Duo-Doppelkonzert der besonderen Art boten am Sonntagabend die Herbstlichen Musiktage ihren knapp hundert Besuchern in der Bad Uracher Festhalle: Zunächst gab es Jazzgesang mit Natalie Elwood und Joseph Reßle (Piano), danach improvisierten Michael Hornstein (Saxofon) und Walter Lang (Piano) quer durch die Jazzgeschichte.

Corona sorgt in diesem Jahr für einige Festival-Neuheiten: Nicht nur, dass alle Konzerte in die wegen der Abstandsregeln nur 120 Besucher fassende Festhalle verlegt wurden, wegen der zuletzt steigenden Coronazahlen im Ermstal bestand die Stadt auch darauf, dass die Besucher ihre Masken während der Konzerte aufbehalten müssen.

Eine weitere Neuheit ist, dass man an diesem Abend keine ernste Musik hörte. Alles spielt sich bei dem Duo Elwood & Reßle in einem Zwischenreich ab: zwischen den Klängen, zwischen eingängigen und schrägen Melodielinien, zwischen Jazz, Pop und Scatgesang. Mal intoniert Natalie Elwood (Gesang, Melodica, Whistle-Loops) ganz leise und mit viel Gefühl den Bluestitel »Lonesome ... No More«, mal brilliert sie mit geschmeidigen Vokalisen, abwechslungsreichem Scatgesang und Einwürfen auf einer Melodica oder einer Loop-Station, mit der sie ihren Gesang vervielfacht.

Melodiöses Panoptikum

Die Zeit scheint sich in eine bewegte Fläche zu verwandeln, wenn Pianist Joseph Reßle und die Sängerin mit dem gewinnenden Lachen loslegen und ihrer Improvisationslust freien Lauf lassen. Melodiöse Themen werden da gerne kombiniert mit komplizierten Skalen und einem federnden Rhythmus. Verjazzte Popsongs, Modernismen und Blueserbe verschmelzen Ellwood und Reßle zu ausgefeilten Stücken, die auch die Bekanntschaft mit häufig gespielten Jazzklassikern nicht leugnen.

In dem kurzweiligen Set entwickelt sich das Konzert mit Standards und Eigenkompositionen zu einer groovenden Liedkollektion, in der vor allem Stücke wie »Spain« von Chick Corea oder Joe Zawinuls »Birdland« herausstechen. Mal triefend, mal gewagt, mal klassisch, mal ironisch und immer mit lupenreiner Intonation. Dass aus einer kleinen Besetzung ein spielfreudiges, ja überaus melodiöses Panoptikum modern jazziger Gestaltungsmöglichkeiten entstehen kann, beweist im Anschluss auch das Duo Michael Hornstein (Altsaxofon) und Walter Lang (Piano). Das liegt vor allem an der großen Geschlossenheit des Duos, das sowohl in ruhigeren als auch in schnelleren Passagen fast traumwandlerisch zu harmonieren versteht. Nicht nur Michael Hornstein spielt sämtliche Soundcharakteristika seines Instruments virtuos aus. Auch der viel beschäftigte Pianist Walter Lang glänzt wiederholt durch bestechende Klaviereinlagen.

Was der Münchner Altsaxofonist und der Pianist aus Schwäbisch Gmünd zelebrieren, ist eleganter Wohlfühljazz im Stil von Grover Washington, der sich mal an den wehmütigen Kompositionen der Beatles, mal an den Abgehnummern eines Charlie Parker orientiert. Für zwei Zugaben klatscht das Publikum am Ende das Duo zurück auf die Bühne. (GEA)