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Barocke Musik aus Versailles in der Sondelfinger Stephanuskirche

Für kurze Zeit wurde die Stephanuskirche zum Spiegelsaal in Schloss Versailles am Sonntagmorgen. Heidi Gröger an der Gambe und Christoph Sommer an der Theorbe präsentierten in der Reihe Musica Antiqua Musik aus der Zeit des »Sonnenkönigs« Ludwig XIV. Um Grögers Gambe rankt sich dabei ein besonderes Geheimnis.

Heidi Gröger und Christoph Sommer spielten Kompositionen auf  höfischen Instrumenten. Grögers Gambe ist ein Originalinstrument v
Heidi Gröger und Christoph Sommer spielten Kompositionen auf höfischen Instrumenten. Grögers Gambe ist ein Originalinstrument von 1704. Foto: Gabriele Böhm
Heidi Gröger und Christoph Sommer spielten Kompositionen auf höfischen Instrumenten. Grögers Gambe ist ein Originalinstrument von 1704.
Foto: Gabriele Böhm

REUTLINGEN-SONDELFINGEN. »Saitenspiel in Versailles« überschrieben Heidi Gröger (Gambe) und Christoph Sommer (Theorbe) ihr Programm, das die Gäste in der ausverkauften Stephanuskirche in die Zeit des »Sonnenkönigs« Ludwigs XIV. (1638-1715) entführte. Der König liebte die Künste und förderte sie nach Kräften. Von seinen Hofkomponisten sind zahlreiche Stücke überliefert, die einen Einblick in die Barockmusik in Versailles gewähren.

Heidi Gröger lehrt Gambe an der Musikhochschule Frankfurt, ist Präsidentin der Viola da gamba-Gesellschaft in der Schweiz und kuratiert das Festival »SPAM. Spandau macht Alte Musik«. Christoph Sommer absolvierte sein Masterstudium im Fach »Alte Musik« am Königlichen Konservatorium in Den Haag. Regelmäßig gastiert er auf internationalen Bühnen.

Instrument von 1704

Die Gambe, so Gröger, könne fünf bis acht Saiten besitzen und fordere daher vom Musiker Flexibilität. Ihr Instrument hat sieben Saiten, die mit einem Bogen angestrichen werden. Das mit Bünden versehene Griffbrett läuft in einen Puttenkopf aus. Das Instrument wurde 1704 vom Pariser Gambenbaumeister Nicolas Bertrand geschaffen. Ob der König dieses Instrument gesehen hat? »Man kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber es gibt eine historische Abbildung des Hofkomponisten Marin Marais, auf der er eine ebensolche Gambe in der Hand hält«, so die Expertin.

Die Gambe mit ihrem silbrigen Klang ergänzte sich perfekt mit der Theorbe, einem Lauteninstrument mit acht Saiten sowie sieben zusätzlichen langen Basssaiten. Wie man aus unverblümten Briefen von Liselotte von der Pfalz, Schwägerin des Königs, wisse, erläuterte Gröger, habe man die Musik gegen die Langeweile bei Hofe sehr geschätzt.

Musik zum höfischen Tanz

Das Programm begann mit der Suite Nr. 1 in a-Moll aus den »Piéces de viole« von Marin Marais, Sohn eines Schusters und schon mit knapp 20 Jahren Mitglied des Orchesters an der Pariser Oper, geleitet von Jean-Baptiste Lully. Die Sätze »Sarabande«, »Gigue« oder »Rondeau« dienten dem von Ludwig sehr geschätzten höfischen Tanz. Das Musikerduo agierte in großer Harmonie. »Les voix humaines« (dt. »die menschlichen Stimmen«) und das schwungvolle »Grand Ballet« waren zwei weitere Stücke von Marais.

Sensibel erklangen auch die Tänze der »Suite en Sol majeur für Theorbe solo« von Robert de Visée, den Ludwig XIV. als Gitarrenlehrer seines Sohnes an den Hof geholt hatte. Die Gitarre, so Christoph Sommer, wurde damals viel bei höfischem Tanz eingesetzt, war noch kein Volksinstrument.

Musik mit Rätsel

Eine Besonderheit waren zwei Stücke aus dem »Tournus Manuskript« von Monsieur de Sainte-Colombe (1640 - ca. 1695). Hierbei sind, wie Gröger erläuterte, die Noten nur rudimentär aufgeschrieben. »Es ist der Interpret, der Tonlänge und Rhythmus und damit den Charakter des Stücks bestimmt.« Tatsächlich rätselhaft, so Sommer, seien die scherzhaft-heiteren »Baricades mistérieuses« von François Couperin, in denen die Harmonien sich durchdringen. Sehr lang und fein ließ Sommer das Stück ausklingen, wobei die hervorragende Akustik der Kirche zum Tragen kam. Das Publikum lauschte so gebannt, dass es sich die Matinée über kaum rührte und allein die Musik den Raum bestimmte.

Den Abschluss widmete das Duo den mal andächtigen, mal energischen oder filigranen Choralvariationen über »Herr Jesu Christ Du höchstes Gut« von August Kühnel (1645 - ca. 1700). Der begeisterte Applaus des Publikums entlockte dem Duo als Zugabe ein zartes höfisches Liebeslied. (GEA)