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Aktuell Humor

Auf Sprachfeuerwerk folgt Entschleunigung

Die Reihe »Comedy 72« von Andreas Mohr feiert im Shooter Stars einen pointenträchtigen zweiten Geburtstag

Jan Preuß war fast schon der Routinier im Feld der sechs Nachwuchskomiker bei »Comedy 72«  im Shooter Stars.  FOTO: LARSSON
Jan Preuß war fast schon der Routinier im Feld der sechs Nachwuchskomiker bei »Comedy 72« im Shooter Stars. FOTO: LARSSON
Jan Preuß war fast schon der Routinier im Feld der sechs Nachwuchskomiker bei »Comedy 72« im Shooter Stars. FOTO: LARSSON

REUTLINGEN. Bühne, Hocker, Mikrofon. Mehr braucht ein Stand-up-Comedian nicht, um sein Publikum vom Stuhl zu fegen. Bei der zweiten Geburtstagsfeier von »Comedy 72« teilten sich am Sonntag im Shooter Stars sechs junge Comedians die Bühne und lieferten echte, ehrliche Stand-up-Comedy, ganz ohne Perücken und Bühnenbild – echte Wohnzimmer-Atmosphäre eben.

Seit zwei Jahren lädt Moderator und Veranstalter Andreas Mohr jeden Monat lokale Newcomer und bekannte Comedians ein. Der Mix macht die Show einzigartig. Eine höchst amüsante Mischung bot sich dem Publikum auch dieses Mal wieder. Allerdings: Nur etwa 30 Zuschauer waren gekommen, um mitzufeiern – und vor allem um mitzulachen.

Den Anfang machte der Mannheimer Denis Matus. Der Neuling ging auf Tuchfühlung mit den Zuschauern, fragte Vorlieben und Hobbys ab, um dann »ganz viel beim Improvisieren zu schwitzen«. Aus den Informationen seiner Zuhörer bastelte Matus eine rasante, witzige Livegeschichte. Gewürzt wurde sein Tun durch Zwischenrufe wie: »Handlung«, »Emotionen« und »Details« der eingespannten Zuschauer.

Untiefen des Fußballs

Das auf diese Weise bestens »aufgewärmte« Publikum hatte im Anschluss die Möglichkeit, zusammen mit dem Augsburger Nick Schmid die Untiefen des Fußballs zu ergründen. Da werden die Balltreter seines Heimatvereins zu Marionetten der Augsburger Puppenkiste – und die des FC Bayern zum Hochadel. Schmid begeisterte sein Publikum nicht nur mit seinem schonungslosen Mundwerk, sondern auch durch ausgefeilte Imitationen und einer unvergleichlichen Mimik. Was er mit Worten nicht ausdrückt, sagt sein Gesicht.

Dem rasanten Sprachfeuerwerk folgte ein völlig entschleunigter Oleg Borisow. Charmant spielte der Deutsch-Russe mit den gängigen Klischees. Erzählte von seiner deutschen und seiner russischen Seele und dem ständigen Zwiespalt der beiden. »Die russische Seite sagt: ›Trink den Wodka!‹ Die deutsche Seite in mir sagt: ›Trink den Wodka und das Bier!‹«

Noch offensiver im Umgang mit Klischees und Vorurteilen trat Toby Käp auf die Bühne. Hörbehindert – »aber nur 50 Prozent, mir fehlen fünf Prozent für einen Behinderten-Ausweis« – und dazu noch mit einem Sprachfehler ausgestattet, präsentierte der Theologiestudent dem Zuschauer seine ganz persönliche »Lose-Lose-Situation«.

Wer sich jetzt fragt: »Darf man da überhaupt lachen?«, dem sei gesagt: ganz unbedingt! »Ich habe gute Nachrichten für euch: Ihr diskriminiert mich heute in beiden Fällen, egal, ob ihr lacht oder nicht!«, machte Käp gleich zu Beginn deutlich. Und zum Lachen gab es so einiges. Tabuthemen kennt der Heidelberger nicht. Was viele heikel finden, präsentierte Käp mit ganz viel Witz. Seine Selbstironie und sein Sarkasmus zeigen: Natürlich können auch Behinderte lustig sein!

Der Newcomer Sezer Oglu philosophierte anschließend über die »schwere Rolle des Mannes«. Aber der Stuttgarter ist nicht nur ein Frauenversteher und Türke, sondern vor allem Single. »Ich finde keine Frau«, ließ der Komiker die Zuschauer wissen. »Dabei habe ich keine Ansprüche. Sie muss nur ein- und ausatmen und ab und zu blinzeln. Damit ich weiß, dass sie noch lebt«, beschrieb er seinen bevorzugten »Frauentyp«.

Der Headliner Jan Preuß aus Köln machte am Sonntagabend den krönenden Abschluss. Der Erzieher ist inzwischen in ganz Deutschland bekannt. Seine Erfahrung konnte man spüren; souverän brachte der Kölner den »Saal« mit kleinen und großen Anekdoten aus der Welt des Kindergartens zum Beben. Und der Abend bewies eindrucksvoll: Für eine gute Stimmung braucht es nicht viel Publikum. (GEA)