TÜBINGEN. Es sieht so aus, als würden die prominenten Politikerinnen und Politiker in Tübingen besonders genau auf den ins Amt zurückgekehrte Oberbürgermeister Boris Palmer und sein künftiges Verhalten blicken. Hier ein kleiner Überblick.
Gerlinde Strasdeit (Linke): Als OB künftig weniger konfrontativ?
Boris Palmer ist nach einem Monat wieder zurück im Rathaus – er kann ja nicht ewig Auszeit nehmen. Ich hoffe, dass er nicht so weiter macht wie davor. Mich würde es freuen, wenn er sich künftig vernünftiger verhalten würde.
Als Gemeinderätin der Linken hab ich Palmer jetzt 17 Jahre im Rathaus erlebt. Bisher fuhr er oft einen konfrontativen Kurs und wollte immer der Erste sein. Es wäre wünschenswert, wenn sich dies ändern würde. Ob er in dieser Hinsicht wie sein Vater ist? Na ja, auf jeden Fall war der auch sehr impulsiv.
Die Stadt braucht einen Oberbürgermeister, der seine Arbeit macht und anderen auch mal zuhört. Und es muss klar sein: Rassismus ist und bleibt ein No-Go.
Bruno Gebhart (AL und Grüne): Palmer weiter Gast in Talkshows?
Die Auszeit hab ich gut gefunden, nach dem Eklat. Dadurch und durch den Austritt bei den Grünen gab’s mehr Ruhe in der Verwaltung. Palmer war nicht mehr als Zielscheibe da.
Er wurde in Frankfurt wahnsinnig provoziert und hatte sich dann nicht mehr unter Kontrolle. Das darf ihm als Stadtoberhaupt nicht passieren. Nun hat er durch professionelle Hilfe gelernt, wie man mit belastenden Situationen richtig umgeht.
In der Sachpolitik hoffe ich, dass er mit gleichem Elan, gleicher Kreativität und mit Einsatzfreude weiter macht wie früher. Das bringt Tübingen voran. Und ich freue mich auch, wenn er in Talkshows Tübingen gut vertritt.
Rita Haller-Haid (SPD): Nicht nur Kommunalpolitik?
Ich wünsche Boris Palmer einen guten Neustart. Seine Auszeit war nichts anderes als ein Urlaub, aber man nimmt ihm ab, dass er die Zeit genutzt hat, um nachzudenken. Ich erwarte nicht, dass er sich zurücknimmt, und dass er künftig jedem Streit aus dem Weg geht, glaube ich auch nicht. Auch wenn er angekündigt hat, dass er sich bei Facebook zurückhalten will.
Im Kern ist es gut, dass ein Oberbürgermeister seine Meinung kundtut und fragt, was die Leute denken. Das ist eine Form des politischen Diskurses. Dass er sich nicht auf Kommunalpolitik beschränkt, schätze ich an ihm. Ich bin dagegen, jemanden mit einem Etikett zu versehen, nur weil er eine andere Meinung vertritt.
Ernst-Werner Briese (Kreisseniorenrat): Weniger auf Facebook
Es ist gut, dass er die Auszeit genommen hat. Ich hoffe, dass die Gespräche, die er geführt hat, ein bisschen dazu beigetragen haben, Instrumente zu entwickeln, damit er sich nicht so leicht provozieren lässt und nicht mehr so oft in Fettnäpfe tritt. Es ist aber auch schäbig, so jemanden ständig anzugehen.
Die Emotionalität, mit der er Oberbürgermeister und Grüner ist, ist schwierig, die hat er sicher von seinem Vater als Erbteil mitbekommen. Man muss aber auch zu sich selbst und seiner Persönlichkeit stehen. Es ist ein allgemeines gesellschaftliches Problem, dass man seine Meinung nicht mehr konfliktfrei äußern kann. Schön wäre es auch, wenn Palmer sich auf Facebook künftig zurückhält.