ROTTENBURG. Gut fliegen kann Nicoline nicht mehr. Lieber hockt die Gelbstirnamazone auf Rolfs Schulter und lässt sich von ihm durch das Neckartal tragen. »Sie hat ein paar Gramm mehr als es das optimale Fluggewicht für Papageien ist«, meint Rolf, ihr Besitzer. Rolf kann mit Nicoline auf der Schulter auch Radfahren und Segeln gehen.
Immer bleibt der kleine Papagei stoisch auf seiner Schulter sitzen. Das war nicht immer so. »Nicoline war der Papagei meiner Lebensgefährtin«, erzählt Rolf. Als Rolfs Partnerin noch lebte, habe ihn der Vogel nicht akzeptiert und ihn ständig gepickt. »Amazonen sind sehr menschenbezogene und sehr treue Tiere«, erzählt Rolf. Erst als seine Partnerin starb, hockte sich Nicoline auf seine Schulter und akzeptierte ihn. So wurde der Vogel auch zum Trauerbegleiter.
Schwarmvogel soll nicht allein sein
Was aus Nicoline würde, wenn sie von Rolfs Schulter in die Freiheit des Neckartals entfliehen würde, kann man in Stuttgart beobachten. 1984 ist eine erste Gelbstirnamazone – offenbar aus der Wilhelma oder von einem Stuttgarter Tierhalter entflohene Amazone im Schlosspark gesichtet worden. Stuttgarter Tierfreunde hätten dann gesammelt und eine weitere Papageiendame gekauft und freigelassen – damit der Schwarmvogel nicht alleine sei, berichtet Papageien-Expertin Bianca Hahn.
Initiator sei ein damals 22-jähriger Wilhelma-Tierpfleger gewesen, der später im auf Papageien spezialisierten Loro Parque auf Teneriffa gearbeitet habe. »Ich habe mit ihm gesprochen, er hat er sehr viel später erfahren, was sich aus seiner Kupplungsaktion entwickelt hat«, schildert Bianca Hahn. 1986 habe es bei den Amazonen erstmals drei Jungvögel gegeben.
Sie seien die Urahnen der meisten Amazonen gewesen. Die Vögel seien monogam. »Wenn sie einen Partner gefunden haben, dann bleiben sie ein Leben lang zusammen, außer einer stirbt vorher. Nur dann suchen sie einen neuen Partner.« Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin sieht in den Gelbkopfamazonen im Schlosspark übrigens kein Problem: »Sie sind standorttreu, das heißt sie fliegen nicht weg und breiten sich nicht aus . Sie verdrängen auch keine einheimische Tierart.« Das sei bei Neozonen – also eingewanderten Tieren nicht immer so. »Häufig verdrängen sie einheimische Tierarten, weil sie hier keine natürlichen Feinde haben«, sagt Kölpin. Bei den Amazonen sieht der Zoologe das allerdings anders: »Die Leute freuen sich, wenn sie die Papageien sehen. Sie sind eine Attraktion für Stuttgart!« (GEA)