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Aktuell Stadtleben

Unternimmt Tübingen genug für den Tourismus?

Hotels und Lokale sind ein wichtiger Standortfaktor. Tourismus sorgt für Umsatz und Arbeitsplätze. »Tut die Unistadt genug dafür?«, fragen Hoteliers und Wirte.

Situation der Gastronomie
Nach der Coronakrise kam die Inflation: Für Gastronomie und Hotellerie sind es schwierige Zeiten. Foto: Felix Kästle/DPA
Nach der Coronakrise kam die Inflation: Für Gastronomie und Hotellerie sind es schwierige Zeiten.
Foto: Felix Kästle/DPA

TÜBINGEN. Übernachtungsgäste und Tagesbesucher bringen alles in allem einen Umsatz in der Größenordnung von 100 Millionen Euro im Jahr in der Unistadt. Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel, Zulieferer, Handwerker und andere mehr profitieren vom Tourismus, sagt der Vorsitzende des Dehoga-Kreisverbands, Herbert Rösch. In der Dehoga sind Hotels und Gaststätten zusammengeschlossen. Auf einem Podium vor der Gemeinderatswahl wurde jetzt deutlich, dass die Branche großen Wert darauf legt, dass die Entscheidungsträger sich mit den Themen befassen und nötigenfalls die richtigen Maßnahmen ergreifen.

Braucht es mehr und besseres Stadtmarketing? Die Stadt gibt dafür im Jahr zwischen 600.000 und 700.000 Euro aus - ein Bruchteil dessen, was auf der anderen Seite als Einnahmen stehen. Rösch, der das Podium wenige Tage vor der Wahl moderierte, ließ durchblicken, dass er und seine Kollegen sich wünschen würde, dass dieser Topf besser gefüllt wird.

Zwei Millionen Besucher

256.000 Übernachtungen wurden 2022 in Tübingen registriert - ohne Camping-Gäste und Air BnB. Weil ein Zimmer nicht immer nur von einer Person belegt ist, geht man beim Dehoga von etwa 370.000 Gästen aus. Dazu kommen 1,9 Millionen Tages-Touristen. Jeder von ihnen gibt im Schnitt etwa 23 Euro aus, zumindest wurde das vor der Pandemie so berechnet. Übernachtungsgäste bringen mehr Geld in die Kassen: Bei ihnen liegt der Schnitt (ohne Übernachtungskosten) pro Tag bei 43 Euro. (-jk)

Uni und Uniklinik als Magnet

»Wir leben von unseren Gästen«, hat Rösch als Bekenntnis auf der Homepage der Stadt gelesen. Sehr treffend, findet der Dehoga-Vertreter. Aber der Einsicht müssten Taten folgen. Schließlich profitiere die Allgemeinheit auch vom Steueraufkommen.

Bei der Frage, womit Tübingen in Verbindung gebracht wird, wurden in der Runde nicht nur Uni und Uniklinik genannt. Auch Boris Palmer sorge immer wieder für Aufmerksamkeit. Die Spaziergänge auf dem Früchtetrauf im Landkreis seien beliebt - und ein Foto von der Neckarfront Pflicht.

Sorge ums Nachtleben

Klar wurde beim Podium, dass die Wirte die Verpflegung durch Bäcker, Metzger und andere immer noch sehr kritisch sehen. Rösch spricht von Wettbewerbsverzerrung, weil für diesen Verkauf über die Theke der günstigere Steuersatz gilt. Und bei ausgedehnteren Öffnungszeiten werde das Problem größer, weil es nicht nur um die schnelle Verpflegung zur Mittagszeit gehe.

Die Diskussion um den Altstadtrahmenplan verfolgen die Gastronomen mit Argusaugen. Darin wird eine Entwicklung immerhin für viele Jahre festgeschrieben. Und die Frage, ob neue Konzessionen erteilt werden dürfen und Gaststätten in Straßen möglich sind, wo es bisher keine gab, ist für alle Kollegen relevant. Rösch bekräftigte am Abend, dass es in der Branche in Tübingen einen starken Zusammenhalt gebe. Dass jeder im anderen nur unerwünschte Konkurrenz sieht, treffe hier definitiv nicht zu.

Mit Sorgen betrachten die Wirte die Entwicklung im Nachtleben in Tübingen. Mancher hat den Eindruck, dass man sich von der Pandemie noch bei weitem nicht erholt hat. Eine Studentenstadt mit etwas weniger als 30.000 jungen Leuten in der entsprechenden Altersspanne brauche entsprechende Angebote. Vermerkt wurde auch, dass Tübingen bei jungen Besuchern aus Reutlingen und Balingen beliebt ist. Dass das Top Ten als große Diskothek die Tore für immer geschlossen hat, wird als großes Manko angesehen.

Park, Kongresszentrum oder Konzertsaal?

Einbringen wollen sich die Vertreter der Dehoga auch bei der Diskussion um die künftige Gestaltung des Europaplatzes. Neben dem zentralen Omnibusbahnhof gibt's weitere Flächen - und Dutzende von Vorschlägen, was man damit machen könnte. Rösch und seine Kollegen wollen dort keinen weiteren Park. Er selbst hat mehrmals die Uni ins Spiel gebracht, die seit Jahren klagt, dass sie für Tagungen und Kongresse in der Größenordnung von 300 Teilnehmern keine geeigneten Räume hat. Auch der Wunsch nach einer Konzerthalle lasse sich dort realisieren. Das Beteiligungsverfahren läuft, die Öffentlichkeit wird gehört. Rösch ließ anklingen, dass er sich wünscht, dass Ergebnisse nicht erst in ferner Zukunft vorliegen.

Nächtlicher Lärm, herumliegender Müll und Glasscherben, die Verpackungssteuer, der Zustand der Fußwege, Ärger über Baustellen: Die Liste dessen, was Gastronomen und Hoteliers bewegt, ist lang. Viele Menschen vermissten Bänke, auf denen sich Bummler, Spaziergänger und Stadtbewohner niederlassen könnten. Und ein Thema, dass immer wieder die Gemüter erregt, haben die Vertreter der Branche diesmal gar nicht angesprochen: Parkplätze und Gebühren fürs Abstellen des fahrbaren Untersatzes. (GEA)