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Tübinger Agentur arbeitet an Online-Shop mit Dufterlebnis

Tübinger Modellprojekt soll das Olfaktorische in die virtuelle Welt übertragen und damit Unternehmen fördern

Acameo-Geschäftsführer Frank Dürr (links) und Animationsdesignerin Ilena Becic arbeiten an der virtuellen Präsentation von Düfte
Acameo-Geschäftsführer Frank Dürr (links) und Animationsdesignerin Ilena Becic arbeiten an der virtuellen Präsentation von Düften. FOTO: STURM
Acameo-Geschäftsführer Frank Dürr (links) und Animationsdesignerin Ilena Becic arbeiten an der virtuellen Präsentation von Düften. FOTO: STURM

TÜBINGEN. Wer ein Parfum kauft, möchte den Duft vorher riechen. Oder reicht es, sich diesen genau vorzustellen? Die Tübinger Werbeagentur Acameo arbeitet an einem Online-Shop, der das ermöglicht. Mit einem Rundgang wie im Ladengeschäft, aussagekräftigen Farben und Animationen soll eine virtuelle Präsentationsmöglichkeit geschaffen werden.

Ein vom Landeswirtschaftsministerium gefördertes Modellprojekt läuft gerade mit Ulrich Lang aus Backnang, der Nischendüfte entwickelt und bereits erfolgreich verkauft. Das Land möchte damit die branchenübergreifende Zusammenarbeit von Unternehmen in Baden-Württemberg fördern.

Ulrich Lang hat nur einen Angestellten und kein eigenes Ladengeschäft. Seine Düfte verkauft er über Händler und seine eigene Internetseite. Nach seiner Tätigkeit als Produktmanager bei L’Oréal in Deutschland und Amaris verließ er Süddeutschland und arbeitete bei New Yorker Kunstverlagen.

2002 gründete er dann im New Yorker Stadtteil Greenwich Village seine eigene Marke Ulrich Lang New York Parfum, die eine Synthese aus Duft und Fotografie herstellen sollte. Den Sinn für die schönen Düfte hat Lang von der Großmutter geerbt, die ihren Friseursalon um eine kleine Parfümerie erweitert hatte.

Erlebnisreich präsentieren

»Die Ergebnisse der neuen Präsentation sind nicht nur näher an der Realität, sondern auch responsiv ausspielbar, auf Messen einsetzbar und eignen sich für erweiterte Virtual Reality-Erlebnisse«, sagt Geschäftsführer Frank Dürr. Bevor er sich vor vier Jahren in Vollzeit seiner Agentur widmete, betreute er das Museum der Uni Tübingen. Seine Agentur betreibt er bereits seit 2008 nebenbei. Nun ist er, wie er selbst sagt, in Vollzeit und mit einigen Mitarbeitern »digitaler Kurator«. Neben digitalen Ausstellungen für beispielsweise das Deutsche Museum in München bietet seine Agentur virtuelle Rundgänge an. Die Datenbasis bilden Scans mit Lasermessungen und zahlreichen Bildern, die später virtuelle Rundgänge durch Läden, große Firmengebäude und Stadien ermöglichen.

»Durch die Digitalisierung der Marke Ulrich Land New York und ihrer Düfte solle die Markenwahrnehmung gestärkt und der Absatzmarkt erweitert werden«, sagt Dürr. Dieses Vorhaben ziele darauf ab, das Kerngeschäft Duft erlebnisreich in einem Medium zu präsentieren, das Gerüche nicht direkt vermitteln kann. »Der Transfer des Olfaktorischen in die virtuelle Welt ist kein unterkomplexes Vorhaben, das stilsicher, markenfokussiert und technisch performant realisiert werden muss. Unser Ansatz hebt sich von Massen von Standardanwendungen ab«, so Dürr.

Das Projekt stelle daher eine Pionierarbeit im Bereich der digitalen/virtuellen Darstellung von Düften dar und könne Baden-Württemberg als einen führenden Innovationshub des kundenfokussierten Metaverse mit Verkaufsoption positionieren. Es zeigte auch, wie sich kleine und mittelständische Unternehmen mit sinnlichen Produkten an die sich aktuell rasant verändernde Geschäftswelt anpassen können. Allerdings: Ohne die Landesförderung von 50 Prozent der Kosten wäre das Vorhaben für Ulrich Lang zu teuer gewesen.

Farblich passende Animationen

Die 3D-Animationsdesignerin Ilena Becic hat sich jüngst in ihrer Bachelorarbeit an der Media Akademie Stuttgart mit der Animation von Düften beschäftigt, nun setzt sie das praktisch um und stellt die acht Düfte von Ulrich Lang New York virtuell vor.

Ein Flakon mit 100 Millilitern kostet rund 150 Euro, zudem gibt es ein »Discovery Kit« mit kleinen Probepackungen. »Große Marken wie Gucci und Este Lauder zeigen bereits, dass Metaverse-Lösungen funktionieren«, sagt Becic. Was die jeweiligen Parfums ausmacht, stellt sie in Animationen dar. Jeder Duft lasse sich in drei Teile zerlegen, so Becic. Zuerst wahrnehmbar sei eine Kopfnote. Etwa eine halbe Stunde lang sei die Herznote und für mehrere Stunden die Basisnote zu riechen. Das spiegelt sich in Bildern, beispielsweise Zitronen und Pfirsichen. Die 3D-animierten Flaschen stehen auf Podesten, dahinter ist eine Duftwolke in entsprechenden Farben zu sehen.

Der Nutzer geht wie in einem Ladengeschäft in den Raum und von Produkt zu Produkt. Die Düfte sind in der Reihenfolge ihrer Entstehung angeordnet. Bis Mitte Juni soll alles fertig sein und zur Art Basel veröffentlicht werden. Becic passt die Lösung auch technischen Anforderungen, Rechner- und Internetgeschwindigkeiten an. »Eine gute Entwicklung muss auch auf den gängigen Geräten funktionieren«, so Becic. So ist beispielsweise eine VR-Brille keine Voraussetzung, um die 3D-Inhalte zu entdecken. (GEA)