TÜBINGEN. Bereits einige vorzeigbare Projekte hat der Fachbereich »Digital Humanities« an der Tübinger Uni hervorgebracht. Kevin Körner lehrt seit 2017 dort und nannte als Beispiele etwa ein Computerspiel zum frühromantischen Kunstmärchen »Der blonde Eckbert« und ein 3-D-Modell eines ägyptischen Grabkomplexes. Im Sommersemester 2021 haben nun die digitalen Geisteswissenschaftler gemeinsam mit Studierenden des Arbeitsbereichs »Antike Numismatik« und weiteren Studierenden das »Museum Virtuell – Eine studentische VR-Ausstellung« entwickelt. Am Freitag wurde die Ausstellung in den Räumen des Museums der Universität Tübingen (MUT) eröffnet.
Ernst Seidl ist Direktor des MUT und war der Erste, der sich nach der Eröffnung eine Sehhilfe für die virtuelle Realität aufsetzte. Er freute sich besonders, dass sich Studierende an einer Ausstellung in seinem Hause beteiligten. Nicht zum ersten Mal; er erinnerte an eine 3-D-Ausstellung und eine 360 Grad-Schau.
Das Ziel liegt in der Zusammenarbeit der digitalen Geisteswissenschaftler mit den Münzkundlern, aber auch Studierenden anderer Fachrichtungen, erklärte Michael Derntl. Er leitet das Dr. Eberle-Zentrum für digitale Kompetenzen an der Tübinger Uni. Studierenden aus allen Fachbereichen solle es ermöglicht werden, so Derntl, digitale Schlüsselkompetenzen zu erwerben, also etwa dreidimensionale Modelle zu entwickeln und virtuelle Räume zu erschließen.
Hygienisch einwandfrei
Wie in der Ausstellung zu sehen ist, können angehende Numismatiker nun mithilfe elektronischer Anwendungen den Tübinger Bestand an römischen Münzen untersuchen – jeder für sich, hygienisch einwandfrei, denn in den Sehvorrichtungen werden dreidimensionale Modelle der Münzen zur bereitgestellt. Die Technik dazu hatte das niederländische Unternehmen Improvive zur Verfügung gestellt, dessen Gründer und Direktor Roger ter Heide ebenfalls anwesend war und die Eröffnung begleitete.
Kevin Körner dankte der Dr. K. H. Eberle-Stiftung für die finanzielle Unterstützung des Projekts. Viele der Studierenden, so Körner, hätten sich zu Anfang zunächst in das Thema der digitalen Darstellung hineinfinden und auch mit digitalen Widrigkeiten kämpfen müssen. Das Wiederherstellen versehentlich gelöschter Daten eines ganzen Arbeitstages gehörte offenbar dazu, wie er sich schmunzelnd erinnerte. Körner dankte den Studierenden und bekam prompt den eingeforderten Applaus für sie. Zu den Teilnehmern an diesem Projekt zählte auch Isabelle Vetter. Ursprünglich aus Schwäbisch Gmünd stammend studiert sie momentan Anglistik im dritten Mastersemester und »Digital Humanities« als Profillinie, also quasi als Nebenfach. »Riesig Spaß gemacht« hat ihr der Ausflug in die digitale Welt.
Wo Anglistik und digitale Kompetenzen Berührungspunkte haben? Gerade mit Blick auf die berufliche Zukunft sieht sie einem Mehrwert, zum Beispiel in einer möglichen Museumsarbeit. Programmieren und Webseiten erstellen können, sind für sie nun wichtige Bereicherung ihrer Kompetenzen. Aus dem Fachbereich von Stefan Krmnicek, der Antiken Numismatik, war Johanna Rost dazu gestoßen. Sie hat anfangs etwas mit der VR-Technik gefremdelt. »Wir klassischen Archäologen haben es nicht so sehr mit der digitalen Welt«, lachte die Studentin.
Besucher können sich noch bis Sonntag, 28. November, selbst ein Bild der Ausstellung machen. Geöffnet ist Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr, donnerstags bis 19 Uhr. (GEA)