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Aktuell INTERVIEW

So setzt sich ein Tübinger Student für mehr Jugend-Repräsentation ein

Timo Klocker studiert in Tübingen Politik- und Medienwissenschaft. Nebenbei ist er Vorstandsmitglied des Vereins Jugend-Enquete-Kommission.

Es ist besser, mit jungen Menschen zu reden, als nur über sie, findet Timo Klocker.  FOTO: ZECK
Es ist besser, mit jungen Menschen zu reden, als nur über sie, findet Timo Klocker. Foto: Lorenz Zeck
Es ist besser, mit jungen Menschen zu reden, als nur über sie, findet Timo Klocker.
Foto: Lorenz Zeck

TÜBINGEN. Timo Klocker studiert in Tübingen Politik- und Medienwissenschaft. Nebenbei ist er Vorstandsmitglied des Vereins Jugend-Enquete-Kommission. In einem Gespräch erklärt er, warum diese Tätigkeit so wichtig ist und was ihn dazu bewegt hat.

GEA: Wieso gibt es die Jugend-Enquete-Kommission?

Timo Klocker: Es gibt wahnsinnig viele Menschen im Bundestag, aber davon sind wahnsinnig wenige junge Menschen. Wenn man die Einwohnerzahlen aus 2022 betrachtet, dann macht die Altersspanne null bis 29 Jahre rund 30 Prozent der Bevölkerung aus. Im Bundestag sitzen nur 22 Menschen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren. Das sind rund drei Prozent. Es fehlen also viele junge Mitglieder des Bundestags für eine tatsächliche Repräsentanz von jungen Menschen.

Was macht die Jugend-Enquete-Kommission?

Klocker: Wir wollen mittelfristig als Verein jedes Jahr eine Jugend-Enquete-Kommission durchführen, wo es darum geht, dass 20 junge Menschen aus ganz Deutschland Vorschlagspapiere und Lösungen zusammen mit Experten zu bestimmten Themen erarbeiten und an die Politik übergeben. Vor zwei Jahren ging es zum Beispiel um Cybermobbing, letztes Jahr um die Rentenlücke und dieses Jahr wird es um Demokratieförderung gehen. Unser langfristiges Ziel ist es, eine Jugend-Enquete-Kommission im Bundestag zu etablieren, bei der Politikerinnen und Politiker mit jungen Menschen jugendpolitische Themen intensiv bearbeiten und Entwürfe schreiben. Letztendlich ist damit unser Ziel, dass wir uns selbst überflüssig machen.

Auf eurer Webseite steht »Unser großes Ziel ist es, vom Bundestag als langfristige politische Organisation anerkannt und bei verschiedenen Themen mit einbezogen zu werden.« Was braucht es denn dafür?

Klocker: Wir brauchen zum einen Sichtbarkeit in der Bevölkerung. Die Bevölkerung muss erkennen, dass junge Menschen in Entscheidungen miteinbezogen werden müssen, weil wir es im schlimmsten Fall ausbaden müssen. Deswegen würde ich gerne über meine Zukunft mitbestimmen dürfen. Andererseits müssen wir den Drang in der Politik sehen. Das ist tatsächlich nicht so schwer. Es gibt die Geschäftsordnung des deutschen Bundestages und mit den richtigen Kniffen kann es durchaus dazu kommen, dass man eine Jugend-Enquete-Kommission einberuft. 

Warum gibt es denn bisher keine Jugend-Enquete-Kommission im Bundestag?

Klocker: Wir haben eine sehr alte Demografie. Und jungen Menschen wird oftmals keine Expertise zugesprochen. Zum Beispiel gab es mal in Bayern eine Enquete-Kommission zu jungen Menschen. Da wurde nur dummerweise über junge Menschen geredet und nicht mit jungen Menschen.

ZUR PERSON

Timo Klocker (Jahrgang 2003) studiert in Tübingen im vierten Semester Politikwissenschaft, im Nebenfach wechselte er vor zwei Semestern auf Medienwissenschaft. Außerdem ist er Mitglied der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Im Januar 2023 trat er dem Verein Jugend-Enquete-Kommission bei, etwas später wurde er zum Vorsitzenden gewählt. (loze)

Wenn man eine Enquete-Kommission zu der Lebensrealität von jungen Menschen macht, wäre es doch klug, auch junge Menschen einzuladen. Klar sind Jugendliche vielleicht idealistisch oder ein bisschen naiv, aber das braucht es für Veränderungen. Zudem wissen wahrscheinlich maximal 20 Prozent der Tübinger, was eine Enquete-Kommission ist. Deswegen brauchen wir auch mehr Sichtbarkeit.

Wie kamen Sie zur Jugend-Enquete-Kommission?

Klocker: Mein politisches Interesse hat damit angefangen, dass ich in der zehnten Klasse die Möglichkeit hatte, auf das Modell Europa-Parlament Deutschland mitzufahren. Das ist ein Projekt, wo es um ein Planspiel des Europäischen Parlaments geht. Ich habe über mehrere Jahre da mitgemacht, war zeitweise Präsident. Witzigerweise kam ich aber über eine Schulkameradin, die den Verein mitgegründet hat, zur Jugend-Enquete-Kommission. Erst war ich Fotograf, im Mai 2023 bin ich dann in den Vorstand gewählt worden. Unter anderem bin ich für das Supporting Netzwerk zuständig. Dabei bilden wir ein Netzwerk aus Menschen, die uns ideell fördern wollen.

Unter anderem ist die Tübinger Professorin Gabriele Abels Teil des Supporting Netzwerks des Vereins, haben Sie die Politikwissenschaftlerin dazugewonnen?

Klocker: Ja, nach der Vorlesung zur Verbändedemokratie habe ich sie angesprochen und sie fand die Idee von der Jugend Enquete Kommission super cool. Sie hat nicht viel Zeit, aber möchte uns gerne unterstützen und gibt uns sehr viel fachlichen Input.     Bei der Auftaktveranstaltung zur Kommission dieses Jahr wird sie zum Beispiel einen Vortrag zum Verfassungsrecht und zum Grundgesetz halten. (GEA)