Logo
Aktuell Digitalisierung

So möchte die Tübinger Stadtverwaltung Bürokratien bei der Baubehörde abbauen

Ordner sollen bei Bauanträgen in Tübingen bald der Vergangenheit angehören. Das Bauamt testet ein Internetportal. FOTO: PLEUL /
Ordner sollen bei Bauanträgen in Tübingen bald der Vergangenheit angehören. Das Bauamt testet ein Internetportal. FOTO: PLEUL / DPA
Ordner sollen bei Bauanträgen in Tübingen bald der Vergangenheit angehören. Das Bauamt testet ein Internetportal. FOTO: PLEUL / DPA

TÜBINGEN. Als »Sonntagsredenthematik« bezeichnet Tübingens Baubürgermeister Cord Soehlke den Bürokratieabbau bei oberen deutschen Behörden. Die Realität sähe oft anders aus.

Tübingens Stadtverwaltung kommt dieser Realität nun einen Schritt näher: Soehlke und seine Mitarbeiter des Fachbereichs Baurecht präsentierten in einem Pressegespräch den digitalen Bauantrag. Er soll den Prozess der Baugenehmigung bürgerfreundlicher, weniger anfällig für Fehler und natürlich schneller machen.

Digitales Portal für Anträge

Seit 2022 konnte man als Bauherr die Bauvorlagen per Mail einreichen, die Baugenehmigung musste jedoch immer noch schriftlich erfolgen. Daher musste eine Hybridlösung gefahren werden, also digital und analog. Beim Hin- und Herwechseln gab es aber das Problem des Medienbruchs, welcher durch die rein digitale Lösung aufgehoben werden kann. Seit diesem Jahr gibt es nun das »Virtuelle Bauamt« des Landes, ein Internetportal für digitale Bauanträge, ähnlich zu Elster für Steuererklärungen. Aktuell wird dieses Portal noch an einem echten Fall getestet, bei Erfolg wird es dauerhaft eingerichtet. Schätzungsweise wird dies im Frühjahr passieren.

»Es wäre schön gewesen, wenn das Land ein Jahr früher in die Hufe gekommen wäre«, sagte Soehlke. Denn so wurden gewisse Arbeiten in der Digitalisierung doppelt gemacht. Aber nicht nur der Prozess des Bauantrags wurde digitalisiert, auch andere Bereiche des Baudezernats sind betroffen. So arbeitet eine Firma seit Dezember 2022 am Einscannen von 700 Metern Akten. Momentan ist man beim Buchstaben G. Wichtig ist aber auch dieses Projekt, da 80 Prozent der Mitarbeiter im Bauamt mit An- oder Umbauten beschäftigt sind. Ein weiterer Vorteil: Mitarbeiter und beteiligte Behörden brauchen nun keine eigene Kopie der Pläne und können gleichzeitig daran arbeiten. Während zum Beispiel der Bauplan der Mensa in der Wilhelmstraße aus 4 dicken Ordnern bestand, reicht nun ein Laptop aus. Die geschätzte Zeitersparnis liegt insgesamt bei zwei bis vier Wochen. Das Land geht von einer 20 Prozent schnelleren Bearbeitung aus. Ein mindestens genauso großen Effizienzgewinn würde aber der Abbau von Auflagen auf Landesebene bedeuten, erklärte Soehlke. Jährlich kämen hier aber ungefähr drei neue Auflagen hinzu.

Plänefalten gehört der Vergangenheit an

Die Nachfrage unter Architektenbüros für eine digitale Plattform sei groß gewesen, berichtete Soehlke. Das zeitintensive Plänefalten gehört durch das neue System endgültig der Vergangenheit an. Aber auch die Bürger haben ihren Vorteil der Digitalisierung. Zum Beispiel können Nachbarn jetzt bequem bestimmte Dokumente digital einsehen.

Zugesendet wird aber immer noch ein Brief, da der Verwaltung nicht alle E-Mail-Adressen vorliegen. Wer möchte, kann immer noch Einsicht im Technischen Rathaus verlangen und wird hier auch persönlich beraten. Aktuell sind 196 von 208 Baurechtsbehörden in Baden-Württemberg für das virtuelle Bauamt, welches übrigens aus Mecklenburg-Vorpommern im Sinne des »Einer-für-alle-Prinzips« stammt, angemeldet.

Bei einem gleichzeitigen Rückgang der Baugenehmigungen im Land und in der Stadt Tübingen ist also eine Entlastung der Behörden zu erwarten. Die Früchte der Digitalisierung ernte man aber immer erst einige Jahre später, sagte Michael Beier, Leiter des Fachbereichs Baurecht. Die vergangenen Jahre des Investierens können sich im Tübinger Bauamt bald auszahlen. (GEA)