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Sanierung, Ruhestand und 1,54 Milliarden Euro – Neujahrsempfang der Finanzämter

Rund 80 Verwaltungsbeamtinnen und Steuerberater trafen sich beim Neujahrsempfang der Finanzämter Tübingen und Reutlingen im Rundbau der IHK an der B 28.

Julia Eisele-Kalmbach und Dieter Möhler trafen sich als Leitungspersonen der Finanzämter Tübingen und Reutlingen im IHK Rundbau
Julia Eisele-Kalmbach und Dieter Möhler trafen sich als Leitungspersonen der Finanzämter Tübingen und Reutlingen im IHK Rundbau in Kusterdingen. Foto: Norbert Leister
Julia Eisele-Kalmbach und Dieter Möhler trafen sich als Leitungspersonen der Finanzämter Tübingen und Reutlingen im IHK Rundbau in Kusterdingen.
Foto: Norbert Leister

KUSTERDINGEN. Vor vier Jahren hatten die beiden Finanzämter Reutlingen und Tübingen zum Neujahrsempfang geladen. Klar, Corona war schuld, wie Reutlingens Finanzamtsleiter Dieter Möhler im Rundbau der IHK auf Kusterdinger Gemarkung ausführte. »Corona hat alles aus dem Gleis geworfen«, sagte Möhler zu rund 80 Gästen aus den Finanzverwaltungen und der Steuerberatungszunft der beiden Nachbarstädte.

Die massiven Kontaktbeschränkungen während der Pandemie hätten schnell zu Homeoffice fast aller Mitarbeiter geführt. Finanzbeamte zuhause am Küchentisch – offensichtlich war dies auch für Möhler eine bis dahin unvorstellbare Situation. Doch das spielte dann keine Rolle mehr, die EDV und IT machten es möglich, »wenn auch nicht alles problemlos lief«. Hinzu kamen durch Corona viele Zusatzaufgaben, Abgabefristen sind verlängert worden, die Folgen seien bis heute bemerkbar.

Aber auch für die Kundinnen und Kunden der Finanzämter habe sich einiges verändert: Nach der Schließung der Ämter für den Personenverkehr, gelte auch heute noch – der Eintritt ist nur mit Termin möglich. Das gefalle der Kundschaft nicht immer, bringe aber einen Vorteil: »Wenn unsere Kunden einen Termin haben, dann kommen sie auch ohne Wartezeit dran«, so Möhler.

Übrigens sei für das Jahr 2022 die Bearbeitungsdauer von Steueranträgen im Land untersucht worden. Es fiel Dieter Möhler offensichtlich nicht leicht, das Ergebnis bekanntzugeben: Das Finanzamt Reutlingen lag mit 55,8 Tagen Durchlaufzeit für einen Antrag auf Platz 428 von rund 480 Ämtern. Dass Tübingen auf einem vergleichbar sagenhaften Platz 189 landete – schwer zu verwinden für Möhler. Seine Kollegin müsse ihm das mal erklären, was sie anders mache, sagte er augenzwinkernd in Richtung Julia Eisele-Kalmbach. »Ich bin ja sehr skeptisch gegenüber solchen Erhebungen«, ergänzte Möhler. »Aber ich bin optimistisch, dass wir den Rückstand wieder aufholen werden.«

Viel habe sich in den vergangenen vier Jahren verändert, der demografische Wandel schlage immer extremer zu, besonders auch in den oberen Verwaltungsebenen der Ämter. »Unsere Führungsmannschaft ist seit 2020 zu 80 Prozent neu.« Mit den erfahrenen Kolleginnen und Kollegen gehe in allen Bereichen »viel Erfahrung und Wissen in den Ruhestand«.

Der Personalmangel werde gleichzeitig zum Dauerzustand: Der Sollbestand an Vollzeitarbeitsstellen müsste am 1. Januar 2024 in Reutlingen eigentlich bei 325 liegen, tatsächlich würden aber 28 Vollzeitstellen fehlen. Nicht ganz so extrem sehe es nach den Worten von Julia Eisele-Kalmbach in ihrem Finanzamt in Tübingen aus: In ihrem Verantwortungsbereich sollten eigentlich rund 185 Vollzeitstellen besetzt sein, tatsächlich sind es aber 179. Während am Reutlinger Finanzamt 38 Azubis ausgebildet werden, sind es laut Eisele-Kalmbach in Tübingen 51. »Wir sind jetzt sogar auf Instagram mit Reels vertreten, um Nachwuchs zu finden, der überall fehlt«, so Möhler.

Ein beliebtes Wettrennen zwischen den beiden Finanzämtern hat Reutlingen – wenn auch mit Augenzwinkern – verloren. Die Steuereinnahmen in der Achalmstadt hätten sich in den vergangenen Jahren stetig erhöht, lagen 2023 bei rund 1,43 Milliarden Euro. "Bei uns in Tübingen hatten wir ein Steueraufkommen von 1,54 Milliarden", so Eisele-Kalmbach." Was in Reutlingen in Bälde ansteht, ist die Sanierung des Amtsgebäudes in der Leonhardstraße: Die Sanierung des mehr als 30 Jahre alten Gebäudes stehe schon seit mehreren Jahren an, nun soll "in vier Abschnitten im laufenden Betrieb saniert werden", sagte Dieter Möhler. Ein paar Abteilungen seien schon nach Eningen auf das einstige Wandel und Goltermann-Areal umgezogen.

Eine weitere Nachricht: Dieter Möhler wird noch dieses Jahr viel mehr Freizeit haben. »Es ist Zeit«, sagte er. »Für mich war das der letzte Neujahrsempfang, aber ich freue mich auf den Ruhestand.« Zuvor war er Amtsleiter in Tübingen, blickt auf eine mehr als 35-jährige Karriere im Finanzsektor zurück. Seine erste Station in der Steuerverwaltung war übrigens in Reutlingen. (GEA)