Logo
Aktuell Konzert

Rekorde beim »Rock am Ringle« in Mössingen

Bei der 38. Auflage des Umsonst & Draußen-Festivals kommen fast zehntausend Besucher in die Mössinger Stadtmitte

Alles in die Hocke: Der Leadsänger von »Flash Forward« rockt sich durch das Publikum. FOTO: MEYER
Alles in die Hocke: Der Leadsänger von »Flash Forward« rockt sich durch das Publikum. FOTO: MEYER
Alles in die Hocke: Der Leadsänger von »Flash Forward« rockt sich durch das Publikum. FOTO: MEYER

MÖSSINGEN. »Rock am Ring« steht auf dem schwarzen T-Shirt, mit dem Feuerwehrkommandant Thomas Lauria inmitten der Menschenmassen auf der eingezäunten Rasenfläche vor der Gottlieb-Rühle-Schule steht. Will er sich als erfahrener Festival-Gänger outen? Oder hatte er im Kleiderschrank kein lokales Merchandise-Leibchen, dass es beim 27. Umsonst & Draußen-Festival vor 14 Jahren zu kaufen gab?

Mitnichten. »Mössingen kann es mit der Veranstaltung am Nürburgring durchaus aufnehmen«, so Lauria, »wenn auch eher als Rock am Ringle«.

Mit seiner Aufwertung stand er am Wochenende nicht allein. Augenscheinlich zeigten sich die Besucher durchweg begeistert vom zweitägigen Fest, zu dem – mittig zwischen Süd- und Nordring, im Herzen der Stadt gelegen – wieder Tausende gekommen waren. Laut Veranstalter waren es rund 9.800 Besucher. Damit wurden an diesem wettermäßig zweigeteilten Wochenende gleich drei Rekorde geknackt. »Wir waren noch nie so nahe an der Zehntausender-Marke«, freut sich Marcel Valin vom veranstaltenden Monokultur-Verein. »Außerdem war der Freitag mit rund 5.300 Leuten der bestbesuchte in der Geschichte.«

So viel Zuspruch wie noch nie

Zudem, und das freute die Macher ganz besonders: »An beiden Tagen kamen zwischen 1.500 und 2.000 unter 18-Jährige aufs Gelände. So viel Zuspruch von Jugendlichen bekamen wir auch noch nie«, so Mitorganisator Marcel Locher. Was sich übrigens auch bei den Helfern zeigte: »Wir hatten über vierzig Leute beim Aufbau, viele Junge. Und waren so früh wie noch am Donnerstag fertig, konnten erstmals ausgeschlafen ins Festival starten«, so Hannes Nill

U&D hat sich spätestens jetzt als generationenübergreifender Event etabliert. Zugute kam der Veranstaltung der perfekte Sommerfreitag, mit trockener Rasenfläche, wo man sich auch ohne Decken ausbreiten und die vielen Kinder springen lassen konnte. Am regnerischen späten Samstag blieb den Mössingern das Glück ebenfalls treu, »denn es regnete immer nur dann, wenn die Acts in der Zeltbühne und nicht vor der Hauptbühne stattfanden«, so Valin.

Lasst Blumen sprechen: Post-Grunge mit »Bloomer«. FOTO: MEYER
Lasst Blumen sprechen: Post-Grunge mit »Bloomer«. FOTO: MEYER
Lasst Blumen sprechen: Post-Grunge mit »Bloomer«. FOTO: MEYER

Neuntausendachthundert. Puh. Einerseits also ein Zehntel dessen, was zum größten deutschen Rockfestival an den Ring pilgert, anderseits hat sich Mössingen ganz klar zum letzten großen Musikevent der Region entwickelt. Mehr noch: Während »Rock of Ages«, »Bang your Head« oder »KuRT« mittlerweile Geschichte sind, haben die Ehrenamtlichen nochmal eins draufgelegt.

Lange Wartezeiten an den Imbissbuden

»Es war unfassbar: Die Schlange, der Leute, die aufs Gelände wollten, hat sich fünfzig Meter bis zum Feuerwehrhaus gezogen«, so Valin. Und das zog sich beidertags bis 22 Uhr hin. Übrigens auch vor den acht Imbissständen, deren Zahl man bereits aufgestockt hatte. Wartezeiten von bis zu zwanzig Minuten auch vor dem Nadelöhr der Einlasshandgelenkbändle-Kleber und Rucksackkontrolleure.

»Die wollten wissen, ob ich ein Messer dabeihabe«, erzählt Karin Futter amüsiert und beteuerte der Security, dass sie »selbstverständlich immer Messer mit auf Festivals nehme«. Da habe selbst der Kontrolleur die Sinnhaftigkeit seiner Frage einer Mittfünfzigerin gegenüber belächelt. Zumal stichwaffenähnliche Regenschirme nicht beanstandet wurden. »Aber mein Deo musste ich abgeben – es bestünde die Gefahr, dass es in der Sonne explodiert. Womöglich mit meiner Handtasche und mir« lachte Futter, deren Einsicht, wie die großen Boxen mit konfisziertem Deodorant zeigen, mit dazu beigetragen hat, dass das Festival absolut friedlich und ohne nennenswerte Zwischenfälle verlaufen ist. Auch ohne ernsthafte Verletzungen, wie die vier Helferschichten der DRK-Bereitschaft bestätigen.

Zwanzig Künstler auf zwei Bühnen

Spaß steht bei diesem Musikmarathon und Happening an erster Stelle. Acht Stunden Alternativ-, Metall- und Punkrock nebst Indie und Plattenmusik nonstop am Freitag, weitere elf Stunden am Samstag. Zwanzig Künstler auf zwei Bühnen. Das muss doch aufs Gehör gehen, insbesondere für die Anwohner. »Nö« sagt Siegfried Engel aus der Mörikestraße der sein Wohnzimmer mit dem Festgelände getauscht hat. »Ich hatte ja zwei Möglichkeiten: Bleiben, bis um 2 Uhr der Stecker gezogen wird, oder den Verein durch Bierkonsum so weit unterstützen, dass man die Musik gar nicht mehr wahrnimmt.«

Sich mitreißen lassen. FOTO: MEYER
Sich mitreißen lassen. FOTO: MEYER
Sich mitreißen lassen. FOTO: MEYER

Die Zusammenstellung der Bands – ein Querschnitt der meisten Spielarten des Alternative-Rocks und anverwandter Indie- und Pop-Sounds – teilte die Besucher in Hardcore-Fans. Die waren ihrer Gruppe aus Wien oder dem Ruhrgebiet nachgereist und skandierten durch die Reihe dankbar, dass sie Möglichkeit bekommen haben, vor so großer Kulisse zu spielen. Der Freitags-Headliner »The Dangerous Summer« flog zum Auftakt seiner Europa-Tournee aus den USA quasi nach Mössingen. »Das macht uns schon stolz, wir haben drei Jahre versucht, die zu buchen. Und jetzt stehen wir im Tour-Kalender neben Städten wie Berlin, Birmingham und London.«

Für die Meisten ging’s beim Festival weniger um »Riffgewitter und Basslines«, sondern eher darum, ein schönes Sommerfest zu verleben. »Das läuft hier ganz toll«, freute sich OB Michael Bulander, der an beiden Abenden mit Familie zum Smalltalk aufs Gelände kam. Seine Stadt kommt im Jubiläumsjahr aus dem Feiern nicht mehr raus. (GEA)