HECHINGEN/MÖSSINGEN. Ein fast vergessenes Stück Weltgeschichte: Im Jahr 368 fand die letzte große militärische Auseinandersetzung zwischen Römern und Alamannen statt, die sich weit hinter dem Rhein- und Donau-Limes abspielte. Schauplatz der historisch verbürgten »Schlacht von Solicinium« war der Albtrauf zwischen Mössingen und Hechingen. Indizien sprechen für die Beurener Heide, während der antike Ort nur mit der Siedlung des heutigen Freilichtmuseums in Stein identisch sein kann.
Genau 1.656 Jahre nachdem der römische Kaiser Valentinian I. zuletzt sein Heer ins Tal der Starzel geführt hat, kam er am Wochenende zurück, um der Geschichte wieder Leben einzuhauchen.
Rund achtzig Darsteller aus Österreich, Bulgarien, den USA und Deutschland ließen auf Einladung des Fördervereins an zwei Tagen die Spätantike innerhalb der teilrenovierten Ruinen wieder aufleben. Den Kaiser mimte der Geza Frank aus Wien. Der sogenannte Reenactor sieht seinem Münz(vor)bild täuschend ähnlich.
Wissenschaftlich fundiert und detailgetreu wie möglich vermittelten auch die anderen Akteure den – wegen des Regenwetters – nur wenigen Hundert Besuchern in zahlreichen Programmpunkten das Handwerk die Religion und die Kriegskunst der Römer und Alamannen des 4. Jahrhunderts. Nach dem letzten Einfall der Römer ins heutige Württemberg wurde übrigens die Mode in der Armee revolutioniert. Bislang als »unzivilisiert und barbarisch« abgelehnt, begannen – nicht zuletzt der germanischen Kälte wegen – die Legionäre damit, trotz Strafandrohungen lange Hosen zu tragen.
Eigentlich hatten sich die römische Oberschicht und das Militär in den 260-er Jahren aus Südwestdeutschland zurückgezogen. Das Land wurde von den aus Nordosten nachströmenden Germanensippen in Besitz genommen. Rom beanspruchte das Gebiet nach wie vor für sich und duldete die neuen Nachbarn, sofern sie kooperierten. Doch die massive Vernachlässigung der Grenzverteidigung führte dazu, dass alamannische Kriegertrupps immer wieder zu Raubzügen über den Rhein zogen. Dem Geschichtsschreiber Ammianus Marcellinus zufolge sah sich Kaiser Valentinian zu einem Vergeltungsfeldzug genötigt. Mit wenigstens zwei Legionen und seinem Sohn, den Thronnachfolger Gratianus, zog er auf der alten Römerstraße vom Rheinkastell Zurzach über die Baar ins Neckarland bis zum Fuß der Schwäbischen Alb. Von der Siedlung Solicinium (in dem der Name des späteren Zoller-Bergs anklingt) führte er die blutige Strafexpedition auf die Hochfläche. Siegreich zog er daraufhin in das Winterlager in die Residenz Trier zurück. (GEA)
