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Neues Mössinger Kinderhaus: Eine kleine Stadt unter einem Dach

Das fast 10 Millionen Euro teure Komfort-Kinderhaus »Hinter Höfen« mit 124 Plätzen ist in Betrieb gegangen

Stubendurchgang im neuen Kinderhaus: Von rechts: Baubürgermeister Martin Gönner, die Leiterinnen Jana Loser und Christine Walker
Stubendurchgang im neuen Kinderhaus: Von rechts: Baubürgermeister Martin Gönner, die Leiterinnen Jana Loser und Christine Walker, OB Michael Bulander und Heidrun Bernhard, Fachleiterin Finanzen. FOTO: MEYER
Stubendurchgang im neuen Kinderhaus: Von rechts: Baubürgermeister Martin Gönner, die Leiterinnen Jana Loser und Christine Walker, OB Michael Bulander und Heidrun Bernhard, Fachleiterin Finanzen. FOTO: MEYER

MÖSSINGEN. Die Liste von baulichen Sehenswürdigkeiten, die man in Mössingen aufgesucht haben sollte, ist um einen weiteren Ort verlängert worden. Im Gegensatz zu den vielen denkmalgeschützten historischen Objekten handelt es sich beim Kinderhaus »Hinter Höfen« allerdings um einen Neubau. Nicht irgendeinen, sondern um eine außergewöhnliche Einrichtung in mehreren Hinsichten. Die Tageseinrichtung, räumlich zwischen Langgaß-Schul- und Sportanlage und Freibad gelegen, ist nach modernsten pädagogischen Konzepten eingerichtet worden. Das zweistöckige Gebäude bietet Platz für bis zu 124 Kinder, darunter 30 Plätze für unter Dreijährige – womit diese Sehenswürdigkeit einem kleinen Besucherkreis vorbehalten sein wird.

Eindrucksvoll auch die Kosten: Die Vorzeige-Einrichtung hat fast 10 Millionen Euro gekostet. Schuld daran sind die Kostensteigerungen wegen der Corona- und Energie-Krise. Auch wenn rund 15 Prozent als Zuschüsse fließen, ein Haufen Geld – und damit der momentan größte Investitionsposten im städtischen Haushalt, vor der Sanierung der Filsenbergschule und dem Neubau einer Flüchtlingsunterkunft in Belsen.

Zehn Millionen Euro Kosten

Klar ist, dass wegen der mittlerweile angespannten Finanzlage bei den anstehenden Sanierungen der weiteren Kindergärten dieser Komfort-Status nicht mehr erreicht werden kann.

Gleichwohl Geld, das sehr gut angelegt wurde, ist sich OB Michael Bulander bei dieser »Zukunftsinvestition« sicher. Bei einer Begehung wurde deutlich, dass »das Kinderhaus viele offene Funktionsräume bietet, viele Betreuungsmöglichkeiten schafft und mit einer hier betriebenen Frischküche auch bis zu 250 Essen in weitere Ganztagesstätten beliefert werden können.« Der Betrieb sei reibungslos gestartet, »und wir sind mächtig stolz, dass dieses Haus so toll geworden ist«.

Baubürgermeister Martin Gönner freute sich, dass der Gemeinderat, nach kontroverser Diskussion, sich »für ein Haus in dieser hochwertigen Holzbauweise, mit zukunftsweisender Erdwärme entschieden hat. Diese Qualitätsmerkmale werden viele Jahre bestehen. Alle sind begeistert, die Erzieherinnen wollen gar nicht nach Hause und ein Mädchen hat am ersten Tag gesagt: Wir haben den geilsten Kindi«.

Mehr noch: "Das hier ist praktisch eine kleine Stadt. Das Foyer ist wie ein Marktplatz, große transparente Öffnungen im Haus geben einen Überblick. Null Orientierungsschwierigkeiten, trotz der vielen Räume. Von der befürchteten Legebatterie keine Spur.

Rutsche im Außenbereich. Noch sind die Anlagen nicht ganz fertig.  FOTO: MEYER
Rutsche im Außenbereich. Noch sind die Anlagen nicht ganz fertig. FOTO: MEYER
Rutsche im Außenbereich. Noch sind die Anlagen nicht ganz fertig. FOTO: MEYER

 

Der Inbetriebnahme Ende August (mit Ausgliederung der Kinder in die Langgaß-Schule) ging eine lange Planungs- und Bauzeit voraus. Bereits 2011 war angedacht, den 1972 aus Fertigbau-Pavillons erbauten und daher mitunter maroden Kindergarten mit seinen zwei Gruppenräumen in der Reußensteinstraße/Heuweg zeitgemäß umzugestalten, so die Fachbereichsleiterin für das Finanzwesen, Heidrun Bernhard. »Ein schönes lichtdurchflutetes Haus für Kinder, denn es deckt jetzt alle Altersgruppen ab. Eine tolle Bildungseinrichtung.«

Einweihungsfeier im Frühjahr

Der Gemeinderat stimmte 2017 einem Neubau samt pädagogischem Ernährungs- und Bewegungskonzept zu. Dem folgte 2019 ein Planungswettbewerb, bei dem sich zwanzig Architekten beteiligt haben, wobei der damalige Sieger auch den Zuschlag bekam. Im März 2022 war Spatenstich. Wetterbedingt, für die Außenarbeiten, und durch Lieferschwierigkeiten für die Innenausstattung, kann der Zeitplan zur offiziellen Einweihung nicht eingehalten. »Wir wollen das Kinderhaus dann aber im Frühjahr, wenn der letzte Pinselstrich erfolgt ist, der Öffentlichkeit bei einem Tag der offenen Türe vorstellen«, so der OB.

Mit »Hinter Höfen« wird eine Lücke in der kernstädtischen Kinderbetreuung geschlossen. Im Ü-3-Bereich konnten 38 Plätze mehr geschaffen werden. »Nur im U-3-Bereich können wir den Gesamtbedarf auch mit den 30 Plätzen nicht abdecken.« Abhängig vom restlichen Ausbau werden nach und nach mehr Kinder aufgenommen werden können.

Das Konzept der Bewegungskita findet sich an vielen Stellen wieder: ein Bewegungsraum im Erdgeschoss, mit vielen Turngeräten, eine Innen- und Außenrutsche, bespielbare Sandzimmer, Klettergerüst.

Drei Mahlzeiten – abwechslungsreich, frisch, vollwertig und vegetarisch – sollen Impulse setzen gegen Fettleibigkeit, die bereits im Kindesalter ansetzt, so Teamleiterin der Hauswirtschaft, Marilena Malm. »Unsere Essen bestehen immer aus Einzelkomponenten. Die Kinder dürfen sich aus kleinen Schälchen und Essgruppen raussuchen, was sie möchten.«

Mit Christine Walker wurde die erfahrene Leiter des Kinderhauses auf dem Merz-Gelände an die Spitze des momentan 20-köpfigen Voll- und Teilzeit-Teams gesetzt. Ihr zur Seite steht als U-3-Leiterin Jana Loser, die von der Stadt Reutlingen nach Mössingen gewechselt hat. Die bisherige »Hinter Höfen«-Leiterin Gudrun Keinath wird Chefin des Ü-3-Bereichs.

Bewegung wird priorisiert

Walker stellte das »offene räumliche Konzept« mit den vielen Räumen vor. »Die Kinder dürfen selbst entscheiden, wo sie spielen wollen. Durch den Wechsel vom Bauzimmer zum Atelier ist auch immer für Bewegung gesorgt. Ob über die Treppe oder durch die Rutsche.«

Loser ist mit einem komplett neuen Fachkräfte-Team gestartet. Bis Jahresende sollen 16 U-3-Kinder betreut werden können. Weil hier noch gekrabbelt und mitunter gestillt wird, »werden die Kinder durch sinnliches Erleben ans Essen herangeführt.« Mit Freude sehe man, »dass die Begegnung zwischen U- und Ü-3-Kinder hervorragend funktioniert. Wir sind an dem Tag ein Kinderhaus und nicht zwei Häuser unter einem Dach.« (GEA)