Logo
Aktuell Natur

Mehr Nester für den Glücksbringer

KUSTERDINGEN-IMMENHAUSEN. An seinem Haus aus dem Jahre 1731 hat es schon immer Schwalbennester gegeben, sagt Fritz Steimle. Seit er die Fassade mit Platten versehen hat, können die Vögel dort allerdings selbst keine Nester mehr bauen. Sie brauchen einen rauen Verputz, an dem die Lehmgebilde halten.

Harald Mohr (rechts) schraubt die Plakette an das »Schwalbenfreundliche Haus« des Immenhauseners Fritz Steimle.
Harald Mohr (rechts) schraubt die Plakette an das »Schwalbenfreundliche Haus« des Immenhauseners Fritz Steimle. Foto: Ines Stöhr
Harald Mohr (rechts) schraubt die Plakette an das »Schwalbenfreundliche Haus« des Immenhauseners Fritz Steimle.
Foto: Ines Stöhr
Die Schwalben finden aber auch kaum noch Baumaterial. Deshalb hat Steimle 20 künstliche Nester in Zweierpacks unterm Dach angebracht. Nun hat der 79-Jährige als Erster auf den Härten vom Naturschutzbund (Nabu) eine Plakette für sein »Schwalbenfreundliches Haus« bekommen.

Erhalt der Vielfalt

Mit seiner Aktion »Mehr Schwalben in unserer Gemeinde« will der Nabu verhindern, dass die Zahl der Rauch- und Mehlschwalben weiter zurückgeht. Beide Arten stehen auf der Vorwarnliste bedrohter Vogelarten. »Die Bestände sind seit 1979 um ein Viertel zurückgegangen«, weiß Harald Mohr, Vorsitzender der Nabu-Gruppe Härten. Der Nabu hat 1974 die Mehlschwalbe und 1979 die Rauchschwalbe zum Vogel des Jahres gekürt und damit die Bedeutung lebendiger Siedlungen von Mensch und Tier unterstrichen.

Die Intensivierung der Landwirtschaft, zunehmende Hygieneanforderungen, die starke Versiegelung der Landschaft und die Sanierung vieler Gebäude machen den Vögeln zu schaffen. Daher fehlen vor allem genügend Brutmöglichkeiten. 80 Prozent der Vögel brüten zweimal, in ganz guten Jahren ziehen sie sogar drei Bruten auf. Schwalben sind ausgeprägte Zugvögel und verbringen die Winter in Afrika, legen in 40 bis 60 Tagen bis zu 10 000 Flugkilometer zurück, kommen aber jedes Jahr zwischen März und April wieder. »Sie sind sehr ortstreu«, sagt Mohr. Sogar die Jungen kommen mit und suchen an dem alten Standort eigene Nester.

Boten des Sommers

Solange es Mücken gibt und viel Grün, finden sie genügend Futter. Eine Schwalbe frisst täglich etwa 2 000 Stechmücken, die sie aus der Luft fängt, sowie 500 bis 600 Läuse und befreit ihren Hauswirt so von Ungeziefer. »Wir sollten mit der Vogelwelt ein bisschen besser umgehen«, meint Steimle, der auch in seinen Streuobstwiesen Nistkästen aufgehängt hat. »Der Mensch lebt von der Natur, nicht die Natur vom Menschen.«

Jeder, der mindestens sechs Nester hat, kann eine Plakette beantragen, sagt Harald Mohr. Der Nachbar hatte auch eine Menge Nester, hat sie dekorativ an seinem Haus anbringen lassen. Seit die Nester bei einer Sanierung der Fassade überstrichen wurden, werden sie nur noch von Spatzen genutzt. Die Schwalben erkennen die Nester nicht mehr, wenn sie dieselbe Farbe haben wie die Wand, erklärt Mohr.

Die Rauchschwalben bauen ihre schalenförmigen Nester meist in Ställen, Scheunen und manchmal auch in Garagen. Sie sind eher Einzelgänger. Mehlschwalben haben halbkugelige Nester, die sie außen an Gebäuden direkt unter Dachvorsprüngen anbringen. Sie sind sehr gesellig und brüten in Kolonien dicht nebeneinander.

Früher freuten sich Hausbewohner, wenn die Flugkünstler, die das Ende des Winters verkünden, ihr Haus mitnutzten. Da hieß es »Schwalben bringen Glück ins Haus«, erzählt Steimle. Mittlerweile wurde der Spruch umgewandelt in »Schwalben bringen Dreck ans Haus«, bedauert Mohr. Um die Verunreinigung zu verhindern, könne man unterhalb der Nester Kotbretter anbringen, rät er. Wer mindestens sechs Schwalbennester an seinem Haus hat, kann über Harald Mohr eine Plakette als Anerkennung für den Erhalt der biologischen Vielfalt beantragen. (GEA)

0 70 72/59 84