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Mössinger Gemeinderat: Bei Kita-Gebühren ausgebremst

Nach einer kontroversen Diskussion hebt die Stadt Mössingen die Elternbeiträge auf Antrag der SPD vorerst nur für ein Jahr an.

Kindertagesstätte
Aufgeräumte Stiefel in einer Kindertagesstätte (Symbolbild). Foto: Karl-Josef Hildenbrand/DPA
Aufgeräumte Stiefel in einer Kindertagesstätte (Symbolbild).
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/DPA

MÖSSINGEN. Eigentlich war schon alles klar und besprochen. Wie von den kommunalen und kirchlichen Spitzenverbänden vorgeschlagen und auch vom Mössinger Verwaltungs- und Finanzausschuss einstimmig empfohlen, sollte der Gemeinderat am Montagabend die Gebührenerhöhungen für die Kinderbetreuung in den beiden kommenden Jahren beschließen. Doch es kam anders. Die SPD machte das Fass noch einmal auf, wollte sich nur auf die Erhöhung für ein Jahr festlegen und alles Weitere dem neuen Gemeinderat überlassen. Was das Gremium in seiner letzten öffentlichen Sitzung vor der Wahl dann nach kontroverser Diskussion, einer Sitzungsunterbrechung und trotz einer eindringlichen Warnung von OB Michael Bulander mehrheitlich auch so beschloss.

»Da ist einiges in Schräglage geraten«

»Ein finanziell gesichertes Betreuungsangebot ermöglichen und die Eltern angemessen im Blick behalten«: Das war der von der Verwaltung formulierte Anspruch, der sich auf die Empfehlungen der kommunalen und kirchlichen Spitzenverbände stützt. Diese hatten angesichts der vorhersehbaren Kostensteigerungen durch den neuen Tarifvertrag den Kommunen im März vorgeschlagen, die Gebühren zum 1. September dieses Jahres um 7,5 Prozent und ein Jahr später noch einmal um 7,3 Prozent anzuheben.

Für ein Kind über drei Jahren mit einem Geschwisterkind bedeutet dies in Mössingen in diesem Jahr bei einem Betreuungsumfang von 35 Stunden eine Anhebung um 13 auf 189 Euro im Monat. Bei 40 Stunden steigt die Gebühr von 302 auf 324 Euro, berichtete Sachgebietsleiterin Anja Streck im Gemeinderat. Bei einem Kind unter drei Jahren steigt die Gebühr um 26 auf 378 Euro für 35 Stunden Betreuung. Bei 40 Stunden steigt der Satz von 604 auf 648 Euro. Im nächsten Jahr kämen dann noch einmal 7,3 Prozent dazu.

Elternbeiträge deutlich unter den Empfehlungen

Die Elternbeiträge decken in Mössingen allerdings nur rund 15 Prozent der laufenden Kosten. Der Wert liegt damit deutlich unter dem von den kommunalen Spitzenverbänden empfohlenen Kostendeckungsgrad von 20 Prozent. Die KBF und die Kirche als Träger haben der Gebührenanhebung zugestimmt. Dagegen war der Gesamtelternbeirat. Er forderte stattdessen wie schon in der Vergangenheit die Stadtverwaltung und den Gemeinderat dazu auf, »nach Möglichkeiten zu suchen um die Kindertagesbetreuungsgebühren abzuschaffen«.

Aus Sicht der SPD ist die Entwicklung der Gebühren "erschreckend". Ausgehend von einer Anhebung zuletzt um acht Prozent würden die Elternbeiträge dann binnen drei Jahren um 25 Prozent steigen. »Da ist einiges in Schräglage geraten«, monierte Arno Valin, der befürchtet, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu einem "Privileg der Besserverdienenden" wird. "Es kann keinen Automatismus geben, dass die Gebührenschraube immer weiter nach oben gedreht wird."

Die SPD beantragte deshalb, die Anhebung der Gebühren nur um 7,5 Prozent für das nächste Kindergartenjahr zu beschließen. Über eine weitere Erhöhung solle der neue Gemeinderat erst beschließen, wenn ein Zwischenbericht zur Situation der Kinderbetreuung in Mössingen vorliege. An dieser Untersuchung arbeitet derzeit das Zentrum für Qualitätsforschung und Monitoring in der Kinder- und Jugendhilfe der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd.

»Wie lange wollen wir uns das noch leisten?«

Ein Antrag, der bei Dr. Andreas Gammel (CDU) auf heftigen Widerspruch stieß. »Wir sollten dem Impuls, die Erhöhung zu verweigern, nicht nachgeben«, forderte er. Zwanzig Prozent Elternanteil hielt er für zumutbar, zumal die Eltern ja auch vom Betreuungsangebot als Erste profitierten. »Jetzt zahlen die Eltern 15 Prozent an den laufenden Betreuungskosten, aber 85 Prozent zahlt die Allgemeinheit.« Dabei seien die Investitionen noch gar nicht eingerechnet. Ein aktuelles Beispiel: Mössingen baut gerade für 9,45 Millionen Euro die Kindertagesstätte Hinter Höfen. Die FWV zeigte sich gespalten. Fraktionssprecher Wilfried Kuppler unterstützte den SPD-Antrag, Armin Dieter war dagegen, Steffen Eissler wiederum dafür: »Die Familien mit Kindern trifft die Inflation am härtesten.« Unterstützung erhielt die SPD ebenfalls von der UB und den Grünen. »Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist uns sehr wichtig«, erklärte Ulrike Hagemann.

Verwunderung über emotionale Diskussion

OB Michael Bulander zeigte sich verwundert über die emotionale Diskussion: "Hier geht es nur darum, wer die Kostensteigerungen trägt. Ich warne davor, dies mit dem Thema Qualität zu verquicken. Was machen wir denn dann, wenn das Ergebnis der Evaluation vorliegt?" Eine Schieflage sehe er auch, aber nicht bei den Gebühren, sondern bei den Standards: »Wie lange wollen wir uns das noch leisten?« In Österreich etwa sei nur morgens pädagogisches Personal in den Kitas; nachmittags würden die Kinder lediglich beaufsichtigt. "Dort gibt es kein Problem mit den Gebühren."

Eine von der CDU beantragte Sitzungsunterbrechung brachte auch keine Einigung. In der ersten Abstimmung wurde der Antrag der Verwaltung, die Gebührenerhöhung für zwei Jahre zu beschließen, mit 16 gegen 13 Stimmen abgelehnt. Die Erhöhung lediglich für das nächste Kindergartenjahr um 7,5 Prozent wurde gegen die Stimmen von CDU und UB beschlossen.

Der zweite Teil des SPD-Antrags, mit einer weiteren Erhöhung bis zur Vorlage des Zwischenberichts zu warten, wurde mit 16 gegen 11 Stimmen bei zwei Enthaltungen abgelehnt. »Ich werde«, kündigte Bulander an, »zeitnah mit der nächsten Erhöhung auf den neuen Gemeinderat zukommen.« (GEA)